0ee877b72a74feafb95a03b740743697.jpg Erich Klinger
Erich Klinger
Wegstrecken

Linz, die Fahrradstadt?

Inhalt Wegstrecken Folge 250:

Am 1. Februar präsentierte Verkehrsstadtrat Hein (FPÖ) unter dem Titel “Fortschritte für Radfahrerinnen und Radfahrer durch Ausbauoffensive”** sowohl einen Überblick über bereits erfolgte Maßnahmen für den Radverkehr (auch vor seiner Zeit, also Herbst 2015) als auch einen Ausblick auf künftige Vorhaben.

Dazu eine ausführliche Analyse im ersten Sendungsteil.

**siehe http://www.linz.at/presse/2017/201702_85502.asp?utm_source=newsletter-neues&utm_medium=e-mail&utm_campaign=presse-news

 Beim ersten Sichten der Presseunterlagen sind mir jedenfalls einige Punkte aufgefallen, die ich mit Sicherheit nicht teilen kann:

Die seit 2015 bestehende Möglichkeit der Aufhebung der Radwegebenützungspflicht, die soweit mir bekannt ist, bislang in Linz nur an zwei Stellen – im Bereich Landesmuseum und auf der Wiener Straße stadtauswärts bis nach der Bahnunterführung – umgesetzt wurde, fehlt gänzlich. 

Ich benütze separierte Radwege gerne, wo sie mir ein schnelles und vor allem auch sicheres Vorwärtskommen ermöglichen, wenn ich allerdings in weniger befahrenen Straßenzügen unnötigerweise die Straßenseite wechseln muss, um beispielsweise nach einigen wenigen Metern erst recht wieder auf der Straße weiterzufahren (siehe Europastraße), ignoriere ich zumeist diese Vorgaben, die gar nicht so selten auch mit einem unnötigen Gefährdungspotenzial verbunden sind. 

Damit komme ich zu einem weiteren Kritikpunkt, der sich wie ein roter Faden durchs Radfahren in Linz zieht: die Quantität der für mich als Radfahrer benützbaren Wege ist für mich ein nebensächliches Kriterium, solange nicht mindestens gleichwertig auf die Qualität der Wege geachtet wird.

Dazu gehört im Winter natürlich auch ein mindestens ebenso gut wie auf der benachbarten Straße benützbarer Fahrweg, und, natürlich auch beispielsweise eine praxisgerechte Umleitung bei etwaigen größeren Bauvorhaben. 

Zu einer Ausbauoffensive würde für mich und viele andere Radfahrende auch gehören, nicht nur festzustellen, dass die derzeitige Situation für Radfahrende und FußgängerInnen auf der Nibelungenbrücke unbefriedigend ist, das wissen wir seit Jahrzehnten und wir erleben es täglich wieder. Eine Verbesserung durch eine zusätzliche Brücke für Rad- und Fußverkehr in Aussicht zu stellen, mit der ich mich erst beschäftige, sobald der Baubeginn erfolgt ist, oder, wie von Hein zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, nach dem Bau der zur A26 gehörenden Donaubrücke Verbesserungen auf der Nibelungenbrücke “anzudenken”, ist für mich ein Widerspruch zur Ankündigung einer Radoffensive.

Wie generell eine Verkehrspolitik, die am Westring festhält und die zweite Schienenachse weitestgehend unterirdisch führen will, um ja nicht dem Autoverkehr in die Quere zu kommen, meines Erachtens mit glaubwürdigem Eintreten für den Radverkehr nicht oder in nur sehr beschränktem Ausmaß in Einklang zu bringen ist.

Auch den Aussagen zur Untersuchung von Gefahrenstellen

„Durch die geplanten Untersuchungen soll einerseits das subjektive Unbehagen der Radfahrerinnen und Radfahrer an vermeintlichen Gefahrenstellen fachlich entkräftet und andererseits die bestmögliche Lösung für tatsächliche Problemstellen gefunden werden. Besonders das Unfallrisiko und das Blickverhalten sind maßgebliche Faktoren bei dieser Betrachtung“, erläutert Infrastrukturstadtrat Hein.

stehe ich skeptisch gegenüber, alleine schon, weil mich mein “subjektives Unbehagen” schon oft davor bewahrt hat, unter die Räder zu kommen, weil schon 5% Autofahrende, die meinen Vorrang infolge Nichtwahrnehmung des Vorhandenseins anderer VerkehrsteilnehmerInnen, infolge Abgelenktsein, aus Rücksichtslosigkeit, aus dem Recht des Stärkeren heraus missachten, ausreichen, mein Bewusstsein dafür zu schärfen, dass ich mich als Radfahrer in einer ständigen Konfliktsituation, die ich nicht selbst herbeiführe, befinde.

Ich erlebe seit Jahren bewusst und ständig nicht von mir herbei geführte Gefahrensituationen, oder Situationen, die mir subjektiv als gefährlich vorkommen und ich weiß zwar, dass ich zwischen tatsächlicher Bedrohung und Gefährdung oder einem ersten Eindruck unterscheiden muss, auch, um nicht entnervt aufs Radfahren in Linz zu pfeifen, doch sehe ich es als gegeben an, dass in Linz viel zu viele AutofahrerInnen unterwegs sind, die sich in ihrem Fahrverhalten dem Motto der autogerechten Stadt entsprechend verhalten, ergo mir als Radfahrer, Fußgänger oder ÖV-Nutzer daa Gefühl geben, Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse zu sein.

Und dahingehend ist auch ein “subjektives Unbehagen” ernst zu nehmen, ebenso wie ein subjektives Empfinden von Lärm legitim ist, und, nicht zuletzt, kann ich in meiner Chronik des Radfahrens in Linz auf zu viele tatsächlich gefährliche Situationen zurück blicken, die ich dank meiner Vorsicht und dem Zwang, stets auf der Hut sein zu müssen, im Regelfall gut überstanden habe.

Und zum Glück bin ich auch noch fit und mutig genug, mir beispielsweise bei der Abfahrt von der Nibelungenbrücke Richtung Hauptplatz ohne Waghalsigkeit den Vorrang zu erzwingen, auch das ein Beispiel für die Verkehrskultur des Stärkeren, wenn man im Blickfeld eines Autofahrers befindlich, damit rechnen muss, dass der keine Anstalten macht, stehen zu bleiben. 

Da fängt der Fisch beim Kopf zu stinken an und ohne eine Verkehrswende, ohne Westring, aber mit einschneidenden Maßnahmen gegen den überbordenden Individualverkehr und dem Wandel von der autogerechten- zur menschengerechten Stadt, wird eine Radoffensive Wortgeklingel bleiben.

Wenig zu analysieren gibt es bei der Abholzung der Bäume und Sträucher entlang des Treppelweges zwischen Urfahr und Puchenau, die von der Asfinag als Vorleistung für den so heiß ersehnten Baubeginn des Linzer Westring, in Auftrag gegeben wurde. Anstelle des Treppelweges soll hier der Radweg Richtung Puchenau Platz finden, der in seiner derzeitigen Positionierung neben der B127 dem Aufmarsch der Baumaschinen im Weg wäre.

Die Verteilung der Spezialauszeichnung der Redaktion, “Die rote Karte”, war diesmal ob der Vielzahl an KandidatInnen ein umfangreiches Unterfangen, eines vorweg: zumindest einer der fliegenden Politiker Österreichs wurde ausgezeichnet.

Unverdrossen mahnt hingegen die Initiative Verkehrswende jetzt eine andere Verkehrspolitik ein, zumindest in den Wegstrecken finden diese Aufrufe Gehör.

Die Beschlagwortung wird von mir noch ergänzt, Erich Klinger, 23.2.2017

 

Zuletzt geändert am 01.02.17, 00:00 Uhr

Verfasst von Erich Klinger

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Gesendet am Di 21. Feb 2017 / 19 Uhr

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