Legal, illegal, schauen wir mal

von Oliver Jagosch ///

Ich schicke gerade „Sad robot“ von Pornophonique in den Äther - eine ganz normale Musiknummer. Ganz normal? Na ja, fast. „Sad robot“ ist ein Stück unter Creative Commons Lizenz (CC, copyleft, some rights reserved). Die HörerInnen werden es mir danken, wenn ich nach Ende dieser musikalischen Einlage den Link preisgebe, wo der Track gratis und legal aus dem Internet heruntergeladen werden kann.

Im Zeitalter von Web 2.0 und Filesharing bewegen sich UserInnen beim Austauschen und Downloaden von Dateien vielfach in einer rechtlichen Grauzone und kommen in Konflikt mit dem Urheberrecht. Einer Kriminalisierung der Internet-NutzerInnen wird durch die internationale Verschwörung von PolitikerInnen, LobbyistInnen und Großkonzernen unter anderem in Form der ACTA-Pläne weiter Vorschub geleistet. ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ist ein von PolitikerInnen, LobbyistInnen und Großkonzernen geheim verhandeltes globales Handelsabkommen, das drastische strafrechtliche Maßnahmen für Urheberrechtsverletzungen vorsieht.

Diese Maßnahmen würden beispielsweise Internetprovider verpflichten, den Inhalt jeglicher Online-Kommunikation zu überwachen und nach eigenem Ermessen zu sperren. Dies führt unweigerlich zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, zu lückenloser Überwachung und zu einem Generalverdacht gegenüber allen UserInnen.

Was für das illegal produzierte Gucci-Handtascherl, gefährliche Medikamentenfälschungen oder billig kopierte Autoersatzteile teilweise ja durchaus nachvollziehbar erscheint, kann aber nicht eins zu eins (und nur aufgrund massiven Drucks durch die kommerzielle Musik- und Unterhaltungsindustrie) auf die Netzgemeinde umgelegt werden. In diesem Segment ist das derzeitige Urheberrecht eigentlich ein altes und verstaubtes Relikt aus einer analogen Vergangenheit, das einer breiten Diskussion und Erneuerung bedarf – ohne Eingriff in menschliche Grundrechte.

Die legale digitale Gegenwart nennt sich Creative Commons. Creative Commons bieten die Möglichkeit, sich aus der weiten Welt des Internets legal mit Musikstücken, Fotos, Videos und Texten zu versorgen, erkennbar am CC-Logo oder dem Hinweis „some rights reserved“. Creative Commons ist eine globale Bewegung, die UrheberInnen (also ProduzentInnen von „kreativen Werken“) im Sinne von Offenheit und Teilhabe dazu ermutigt, ihre Werke quasi zur freien Nutzung der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das soll den freien Fluss von Kreativpotenzial begünstigen und die unbürokratische und kostenlose Verwendung von bereits existierendem Material ermöglichen.

Hier gibt es verschiedene, durch die KünstlerInnen frei wählbare Lizenzmodelle, die zur Anwendung kommen können. Als User ist für mich auf den ersten Blick leicht erkennbar, was ich mit einem copyleft-Musikstück machen darf; es herrschen klare und einfache Regeln. Schnelles Geld ist für MusikproduzentInnen, die ihre Werke unter Creative Commons lizenzieren, nicht zu machen. Zwar gibt es auf verschiedenen online-Plattformen die Möglichkeit, für den Download einen Geldbetrag zu spenden; kommerzielles Interesse steht aber überwiegend im Hintergrund. Die Lizenzierung der eigenen Werke unter CC wird von manchen KünstlerInnen vielmehr als ein politisches Statement angesehen, hinter welchem die Idee einer offenen und pluralistischen Gesellschaft steht. Ähnlich wie bei der open source-Bewegung im Softwarebereich spiegelt sich hier mitunter auch der Wunsch nach einer digitalen Realität wider, in der neben dem freien Zugang zu Wissen und Technologie auch Kunst und Kultur frei konsumierbar sein sollen.

Wir sind dann mal in der cloud

Im World Wide Web gibt es eine Vielzahl an Plattformen, die sich als Schnittstelle von CC-Musik zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen verstehen. Als meinen persönlichen Favoriten möchte ich hier jamendo.de nennen. Es gibt nichts Schöneres, als sich an einem verregneten und kalten Sonntagnachmittag vor den Rechner zu schmeißen und in den mehr als 50.000 vorhandenen Alben nach brauchbarer Musik für die nächsten Radiosendungen zu stöbern. Dabei hilft mir eine tag cloud (eine „Schlagwortwolke“, Anm. d. Redaktion), in der ich gezielt nach verschiedenen Musikgenres suchen kann; aber auch die Sortierung nach Ländern ist möglich. Derzeit stehen etwa 264 Alben aus Österreich zum freien Download auf Jamendo zur Verfügung.

Natürlich gibt es neben wahren akustischen Schätzen auch allerhand Unhörbares – aber das ist wohl eher Geschmackssache. In diesem Sinne kann ich die geneigten LeserInnen nur auffordern, in die wunderbare Welt der Creative Commons einzutauchen und mit gutem Gewissen und ohne Angst vor Urheberrechtsverletzungen ein Teil der CC-Community zu werden und zu „saugen, was geht“…

Meine persönlich favorisierten CC-sources:

Musik: www.jamendo.de
Bilder: www.flickr.com/creativecommons
Suche: http://search.creativecommons.org

 

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Oliver Jagosch ist Ausbildungskoordinator von FRO und Redakteur im Infomagazin FROzine.

Zuletzt geändert am 16.05.12, 00:00 Uhr

Verfasst von Silke Müller

Ein Duett aus Radiofeature-Produktion und Illustrationsausstellung hat mein Kommunikationsdesign und Medienstudium abgeschlossen. Seit dem beschäftige ich mich mit der großen, künstlerischen Radioform "Feature", mit Reportagen und Interviews mit KünstlerInnen und Kulturschaffenden.

Ich bin freischaftende Illustratorin für Plakate - zum Beispiel für Radio FRO - Zeitungen, Magazine, Bücher und Ausstellungen. Radiohören geht beim Zeichnen wunderbar.

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