BGE_Logo_webpage 1260x465
Grundeinkommen - Red'n ma drüber!

#2: Wie hoch soll ein Grundeinkommen sein?

Heute wollen wir einmal die Frage besprechen, wie hoch ein Grundeinkommen sein soll. Diese Frage kommt natürlich immer wieder. Meistens ganz schnell am Anfang eines Gesprächs. Und sie ist ganz wichtig, andererseits aber nicht ganz leicht zu beantworten. Der Definition eines Grundeinkommens entsprechend (wie wir sie letzte Woche gegeben haben), muss ein BGE existenz- und […]

Heute wollen wir einmal die Frage besprechen, wie hoch ein Grundeinkommen sein soll.

Diese Frage kommt natürlich immer wieder. Meistens ganz schnell am Anfang eines Gesprächs. Und sie ist ganz wichtig, andererseits aber nicht ganz leicht zu beantworten.

Der Definition eines Grundeinkommens entsprechend (wie wir sie letzte Woche gegeben haben), muss ein BGE existenz- und teilhabesichernd sein. International wird in der Diskussion immer die Definition gegeben: „Mindestens über der Armutsgefährdungsschwelle.“

Eine gibt eine Definition der EU-SILC, englisch European Union Statistics on Income and Living Conditions, deutsch  Statistik der Europäischen Gemeinschaft über Einkommen und Lebensbedingungen, also eine Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen in Europa.

Als armutsgefährdet gilt gemäß EU-SILC eine Person, die mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens (Median) der Gesamtbevölkerung auskommen muss

In Österreich beträgt die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle – also 60% des Median-Einkommens für 2022 –   1.392€ monatlich für einen Einpersonen-Haushalt (12 Mal im Jahr). Der Wert erhöht sich um den Faktor 0,5 pro weitere erwachsene Person im Haushalt und um den Faktor 0,3 pro Kind (unter 14 Jahre) im Haushalt.

Ein anderer Ansatz ist der Zugang vom sogenannten „Referenzbudget“, das von den Österreichischen Schuldnerberatungsstellen ermittelt wird. Da geht man nicht vom Einkommensmittelwert aus, sondern es wird aufgelistet, wieviel eine Person für das Leben braucht, angefangen von  Miete und Strom, Nahrungsmittel,  aber auch Verkehrsmittel , Telefon, Reinigung, Körperpflege und vieles mehr. Also eine sehr detaillierte Aufgliederung, die für Einzelpersonen gemacht wird, dann für Paare, für Paare mit Kindern und für Einzelpersonen mit einem Kind und mit 2 Kindern.

Für einen Einpersonen-Haushalt lag das bei 1.593 €, für ein Paar bei 2.474 €, bei einem Paar mit 2 Kindern bei 4.077 € und bei  einem sogenannten „Ein-Eltern-Haushalt  mit  1 Kind“ bei 2.466 €

Heißt das also dass das Grundeinkommen 1.392 € oder 1.593 € hoch sein soll?

Nicht unbedingt. Es hängt ja noch von vielen weiteren Faktoren ab. Ein Beispiel dazu:  Im Referenzbudget sind bei einem 1-Personen-Haushalt 91 Euro für Verkehrsmittel eingerechnet 47 Euro für Telefon, Internet und Kabelfernsehen und 27 Euro für Rundfunkgebühren.

Wenn es zum Beispiel kostenlosen öffentlichen Verkehr gibt oder kostenlosen Rundfunk, dann könnte das BGE entsprechend niedriger ausfallen.  Manche solcher Leistungen gibt es ja schon, z.B. die kostenlosen Schulbücher oder die kostenlose Schulfahrt.

Die Arbeiterkammer redet oft davon, dass es  „bedingungslose Services“ statt einem bedingungslosem Grundeinkommen geben soll. Aber das eine schließt das andere nicht aus. Und je mehr „Bedingungsloses Services“ es gibt, umso geringer muss das Bedingungslose Grundeinkommen sein.

In der Definition eines BGE ist immer von „sozialer Teilhabe“ die Rede. Was ist das und sind Kosten dafür in diesen Zahlen drinnen?

Ja, im Referenzbudget 2023 sind konkret 150 Euro pro Monat und Person für „Soziale und kulturelle Teilhabe“ enthalten. Damit ist gemeint, dass man es sich leisten können muss, ab und zu ins Kaffeehaus, in ein Kono oder ins Theater zu gehen,

Im „Linzer Modell“ für ein Bedingungsloses Grundeinkommen wird immer mit 1.000 € pro Person gerechnet. Wie passt das mit Armutsgefährdungsschwelle und Referenzbudget zusammen?

Richtig. Im Linzer Modell reden wir immer von 1.000 € pro Person. Das ist eine Idee, die schon viele Jahre existiert und die – unter Berücksichtigung der Inflation der letzten Jahre – deutlich angehoben werden müsste.

Aber einerseits ist das zum Rechnen eine schöne runde Zahl und andererseits sind wir auch realistisch genug zu sehen, dass das Ziel eines Grundeinkommens in Höhe der Armutsgefährdungsschwelle wahrscheinlich nicht in einem Schritt erreicht werden kann.

Es gibt daher Ideen, wie ein BGE schrittweise umgesetzt werden könnte. Ganz konkret z.B. die Idee von Georg Grund-Groiss, dem Leiter des AMS Gänserndorf. Er hat in seinem Buch „Das halbe Grundeinkommen“ beschrieben, welcher Fortschritt es schon wäre, wenn zumindest 500 € pro Person bedingungslos gegeben würden.  Oder Ernst Sperl, ein ehemaliger Revisor des Raiffeisenverbandes OÖ, hat einen Vorschlag gemacht mit  675 € monatlich als sogenannte Negativsteuer. Solche Grundeinkommensarten werden dann als „partielle Grundeinkommensmodelle“ bezeichnet.

Oder wir haben im „Linzer Modell“ (über das wir sicher noch mehr sprechen werden), die Idee der Splittung des Grundeinkommens in ein personenbezogenes BGE und ein haushaltsbezogenes BGE erwähnt.  Es gibt auch Ideen, mit einem Grundeinkommen für Kinder zu beginnen oder für SeniorInnen oder für Künstler.

All diese Varianten würden weniger kosten, also noch leichter zu finanzieren sein und man könnte Erfahrungen damit sammeln.

Zuletzt geändert am 25.01.24, 12:04 Uhr

Verfasst von Paul Ettl

Geboren 1955 in Aschach an der Donau
Studium in Linz und Salzburg (Mathematik, Philosophie, Politikwissenschaft)

Seit 1971: Programmierung (seit Mai 1983 Selbstständig)
Geschäftsführer der Firmen Ettl-Software GmbH (11 Mitarbeiter, 4 Standorte) und TOPNIC GmbH

Div. Funktionen in der WKO (Bezirksstellenausschuss, Fachgruppe, Fachverband)
Mitglied der Arge ProEthik (der WKO) und Landessprecher OÖ der CSR-Consultants Experts Group der WKO

Firmenverkauf Ende 2013
2010: Initiator und Leiter der Friedensakademie Linz
Seit Jänner 2011 als „Pionier“ im Projekt Gemeinwohl-Ökonomie tätigJuni 2011: Mitbegründer des Vereins zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie
Oktober 2011: Erstellung der Gemeinwohl-Bilanz für „Ettl-Software“
2019: Gründer und Obmann des Vereins "Das Grundeinkommen"

seit Juli 2020 in Pension
Verheiratet, 1 Tochter, 2 Enkelsöhne

zur Autorenseite
Gesendet am Fr 19. Jan 2024 / 18:30 Uhr