Frauen zu emotional zum Autofahren?
Das könnte man denken, wenn man sich das Cover des ÖAMTC Mitgliedermagazins “auto touring” vom August/September 2024 ansieht. Abgebildet sind zwei Frauen, die Beifahrerin hat einen wütenden/genervten Gesichtsausdruck, die Fahrerin lächelt glücklich.Die Coverstory trägt den Titel: Wenn Wut und Freude lenken – Wie stark uns Emotionen im Straßenverkehr beeinflussen, wie wir am besten mit unseren Gefühlen umgehen.
FROzine Redakteurin Sigrid Ecker ist das sauer aufgestoßen, sie findet die Verbindung zwischen Frauen hinterm Steuer und emotionales Verhalten ziemlich sexistisch. Frauen es nicht zuzutrauen, rationale Entscheidungen zu treffen und schlicht zu “hysterisch” zu sein, haben in der Politik, Gesellschaft und im Gesundheitswesen dazu geführt, dass Frauen und ihre Körper jahrhundertelang unterdrückt und nicht ernstgenommen wurden. Sigrid Ecker hat deutliche Worte gegen diese klischeehafte Zuschreibung in einer E-Mail an den ÖAMTC gefunden:
Als Reaktion des ÖAMTC kam eine Antwort des Chefredakteurs von auto touring, Stephan Strzyzowski. Er sagt, dass in der Redaktion darüber diskutiert worden sei, einen Mann und eine Frau am Cover abzubilden. Dagegen wurde sich entschieden, um nicht dem Stereotyp der meckernden Frau zu entsprechen. Wenn wiederum die Frau glücklich gewesen wäre und der Mann unzufrieden geschaut hätte, würde ausgesagt werden, dass der Mann genervt vom Fahrverhalten der Frau sei. So habe man sich für die zwei Frauen entschieden. Grundsätzlich bemühe sich auto touring darum, Frauen stärker darzustellen und ihnen mehr Raum zu geben. Allen Fettnäpfchen gelinge es ihnen aber noch nicht zu entgehen.
Sigrid Ecker merkt in der darauffolgenden Kommunikation treffend an, wie die Darstellung besser geglückt wäre:
Warum kamen Sie nicht auf die Idee zwei Männer abzubilden? Oder einen Mann, der sich am Steuer sitzend ärgert und eine Beifahrerin, die Spaß hat?
Beide Versionen würden Ihre angeführten Argumente entkräften.Sie wissen so gut wie ich, dass Bildsprache sehr mächtig ist. Es geht nicht unbedingt darum, was Sie insinuieren wollen, sondern darum, was das Bild ausdrückt im Kontext mit der Headline. Und da liegt es auf der Hand: Zwei Frauen -> Emotion(sgesteuert) -> Beeinträchtigung des Fahrvermögens durch Emotionen. Das ist eine eindeutige Zuschreibung, die die fatalen Geschlechter-Stereotypen der letzten Jahrhunderte untermauert, weiterverbreitet und damit verstärkt.
Bezüglich Fettnäpfchen: Ja in einer ungerechten Welt ist der Weg zur Gerechtigkeit oft komplex. Und so ist Ihr Bestreben Frauen möglichst präsent zu machen in Ihrer Bildsprache in diesem Fall eben genau das falsche Signal, da die emotionsgesteuerte Frau ein wirklich grundlegendes Unterdrückungs- und Abwertungsargument darstellt.
Es sorgt nicht automatisch für mehr Gleichberechtigung, nur weil mehr Frauen abgebildet werden. Im Gegenteil, Frauen sind wahrscheinlich häufiger abgebildet als Männer, man denke nur an die Werbung. Es braucht hier schon etwas mehr Differenzierung und Kontextualisieung.
In diesem Fall wären tatsächlich zwei Männer dahingehend gescheiter gewesen, denn es hätte mit der besagten Totschlag-Rollenzuschreibung emotionsgesteuerte Frau gebrochen. Und hätte auch der Wirklichkeit besser entsprochen, wie die Unfallstatsitik zeigt.
Mit Gleichberechtigung und Frauenquote zu argumentieren, wenn im Endeffekt dann wieder nur schädliche Stereotype reproduziert werden ist leider nur gut gemeint, nicht gut durchdacht.
Kommentare werden von der Redaktion moderiert. Es kann daher etwas dauern, bis dein Kommentar hier erscheint. Wir behalten uns vor, diskriminierende oder diffamierende Kommentare, sowie solche, die straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, zu entfernen.