DSC03845a_Wst 380 JPG Das rote Tuch, Herbst 2024 C20
Erich Klinger
Zu hören am Di 15. Apr 2025 / 19 Uhr
Wegstrecken

Ein rotes Tuch

Wegstrecken, erste April-Sendung:

Seit 7.4. sind die beiden Spuren für den Radverkehr, die auf der Fahrbahn der Nibelungenbrücke errichtet wurden, um ein legales beidseitiges Befahren der Brücke in beiden Richtungen zu ermöglichen, “offiziell” zur Benützung freigegeben, detto die Verlängerung der Radfahrspur bis zur Abzweigung Friedrichstraße (in Richtung Urfahr).

Der auf zwei Fahrspuren je Richtung reduzierte Kfz-Verkehr ging somit der “Feinverteilung” auf der Brücke verlustig was eine weitere Verlangsamung des auch bisher schon in Spitzenzeiten äußerst zähflüssigen Kfz-Verkehrs mit sich brachte. Allerdings waren die vormaligen drei Fahrspuren so schmal dimensioniert, dass ein Vorbeikommen an größeren Fahrzeugen teils schwierig bis unmöglich war und die Feinverteilung beeinträchtigte.

Die größere “Schwachstelle” an der neuen Brücken-Konstellation scheint die Westseite der Brücke zu sein, auf der die Richtung Untere Donaulände abbiegenden Fahrzeuge (geschätzt etwa 2/3 der Fahrzeuge Ri. Linz) nur mehr eine Fahrspur zur Verfügung haben, die rechte Fahrspur ist ja den Abbiegenden Richtung Römerbergtunnel/St. Margarethen vorbehalten. Richtung Urfahr ist eine derartige Trennung nicht erforderlich.

Seit gut zwei Wochen wird auf etlichen medialen Spielwiesen mehr oder minder heftiger Protest gegen die zusätzlichen Fahrradspuren laut.

Überwiegender Tenor: Die Spuren für den Radverkehr müssen weg, die unzumutbare Belastung der Pendler*innen so schnell als möglich beseitigt und “normale Verhältnisse” wieder hergestellt werden. Bürgermeister Prammer (SPÖ) und Verkehrsstadtrat Hajart (ÖVP) stehen einstweilen noch zu den Radspuren, Verkehrslandesrat Steinkellner (FPÖ) zeigt zwar dezente Avancen zu Gunsten der Autofahrenden, hält sich aber noch mit Aufforderungen zur Demontage der Fahrspuren zurück.

Jetzt hat man allerdings in diesem verkehrspolitischen Provinzkaff im Retro-Look der 1960er in den letzten Jahren zwei Bypass-Brücken entlang der Voest-Brücke sowie eine fast noch niegelnagelneue Donaubrücke oberhalb der Nibelungenbrücke errichtet und dann löst die Reduktion um eine Fahrspur – auf zwei Spuren, wie bei der Auffahrt zur Brücke von der Donaulände – eine mittlere Verkehrs-Katastrophe aus, Sodom und Gomorrha, verflucht seien der Verkehrsstadtrat, die Radfahrspur und alle, die sich den Autofahrenden in den Weg stellen, weil sie meinen, dass die Straßen nicht nur zum Autofahren da sein sollen, sondern auch ausreichend Platz für Rad- und Fußverkehr bieten sollen…

Also, Entschuldigung: wenn trotz zig neuer zusätzlicher Fahrspuren über die Donau vom Mühlviertel kommend, eine relativ kurze Einschränkung den Verkehr scheinbar zum Erliegen bringt, dann ist der ganze Zirkus mit Verkehrsentlastung durch zusätzliche Brücken oder weitere Straßenprojekte schlicht und ergreifend “für die Würscht”.

Dann könnt ihr auch ganz Linz mit zusätzlichen Straßen und Brücken und sonstigen Bauten für den Autoverkehr überbauen und es wird sich trotzdem immer wieder irgendwo stauen.

Mehr Verkehrswege für den Autoverkehr = mehr Verkehr = mehr Verkehrswege für den Autoverkehr und so weiter und so fort.

Nicht polemische Nachsätze bezüglich der tatsächlichen Probleme, die da sind:

Vor allem das zu hohe Verkehrsaufkommen – ich habe Verständnis für Menschen, die “für die letzte/n Meile/n” auf ihr Auto zurückgreifen (müssen), aber bitte erzähle mir doch keiner, dass die vielen Autofahrenden die z.B. am Nachmittag von Linz kommend in Richtung Rottenegg/Eschelberg fahren, allesamt nicht auch wenigstens bis Rottenegg mit Bus oder Zug fahren könnten. Der durchschnittliche Besetzungsgrad (~1,2 Personen/Kfz) tut dann noch das Seine.

Die dem Stadtraum geschuldeten beengten Verkehrsverhältnisse vor allem in der Rudolfstraße, aber auch auf der Donaulände, wo man trotz Priorisierung des Autoverkehrs auf Grenzen stösst, will man nicht noch mehr in Grünraum bzw. Siedlungsstrukturen eingreifen.

Mit eine Rolle spielt auch, dass aus Richtung Puchenau kommend, sogar der Weg zum Römerbergtunnel über die Neue Donaubrücke länger ist, als über die Nibelungenbrücke.

Und, ein nicht zu unterschätzender Aspekt: eine verfehlte Raumordnung, die Zersiedelung und “Wohnen im Grünen” in großem Stil zulässt und oftmals scheußliche Siedlungskonglo-merate entstehen lässt, die aufs Auto als einzige Mobilitätsform ausgerichtet sind.

Dazu gesellen sich Bequemlichkeit, Egoismus, Statusdenken, aber auch Schwächen im Öffentlichen Verkehr, teils sogar weniger im Angebot, als im Umfeld – siehe wenig einladende Haltestellen, teils nur über waghalsige Straßenquerungen erreichbar, mangelnde (Echtzeit-) Information….

ek, 9.4.2025

Zuletzt geändert am 09.04.25, 13:23 Uhr

Verfasst von Erich Klinger

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