Geltendes Recht ist einzuhalten
Interview mit Linda Greuter //
Seit Mai bietet der Verein Helping Hands Linz im Seminarraum von Radio FRO jeden Dienstag kostenlose Rechtsberatung für Asylwerber*innen an. Eine kleine Gruppe von Jurist*innen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Flüchtlinge in Linz und Umgebung ehrenamtlich im Asylverfahren zu unterstützen. Die Hilfestellungen reichen von der Beantwortung rechtlicher Fragen zur Grundversorgung über das Verfassen von Schriftsätzen bis hin zur Begleitung zu Ersteinvernahmen.
Im Mail-Interview mit Andi Wahl spricht die Vorsitzende des Vereins Linda Greuter über Motivationen, Gesetzesnovellen und Rechtssicherheit in Theorie und Praxis.
FRO: Linda, du bist eine der Aktivistinnen von Helping Hands. Warum habt ihr euch gegründet und was sind eure Ziele?
Linda: Helping Hands hat sich erstmals im Juli 2014 zusammengefunden. Seit März 2015 sind wir ein Verein. Das Asyl- und Fremdenrecht ist ein Rechtsbereich, in welchem große Unkenntnis über die Materie herrscht. Es unterliegt zahlreichen Novellen und ändert sich je nach politischer Führung. Unser Ziel ist es, Rechtssicherheit über die rechtlichen Grundlagen zu verbreiten und über die Missstände in der Vollziehungspraxis aufzuklären.
FRO: Was hat euch dazu gebracht, die Rechtsberatung von Flüchtlingen zu übernehmen, und wieviel Zeit investiert ihr da?
Linda: Wir sind alle Freund*innen der Wahrung von Demokratie und Rechtsstaat. Daher war es für uns äußerst wichtig, in dieser Situation zu helfen. Ich kann leider nicht genau sagen, wie viel Zeit wir für unsere Tätigkeiten aufwenden. Ich führe keine Stundenaufzeichnungen. Es ist jedenfalls einiges.
FRO: Rechtsberatung von Flüchtlingen sollte eigentlich Aufgabe des Staates sein – schon um die Qualität der Rechtssprechung zu gewährleisten. Habt ihr Bedenken, dass, wenn ihr das nun übernehmt, der Staat seine Praxis weiterführt wie bisher?
Linda: Wir sind nur eine kleine Gruppe, die gänzlich ehrenamtlich arbeitet. Keines der Mitglieder ist beim Verein angestellt.
Von einem „Übernehmen“ der Pflichten des Staates kann daher nicht die Rede sein. Wir von Helping Hands versuchen einen Beitrag durch unsere Arbeit zu leisten. Allerdings ist es uns nicht möglich, die Aufgaben von Bund und Land zu übernehmen. Jedes der Mitglieder von Helping Hands übt einen Job aus oder studiert noch. Um eine adäquate Rechtsberatung zur Verfügung zu stellen, braucht es ausgebildete Jurist*innen, welche für ihre Arbeit auch entsprechend entlohnt werden. Leider sind diesbezüglich keine geplanten Änderungen in Sicht.
FRO: Ein funktionierendes Rechtssytem muss auch darauf achten, dass alle gleichen Zugang zum Recht haben. Seht ihr diesen Grundsatz bei Flüchtlingen gefährdet oder verletzt?
Linda: Meines Erachtens gibt es auf keiner österreichischen juridischen Fakultät die Möglichkeit, eine ausreichende Ausbildung im Asyl- und Fremdenrecht zu erhalten. Das Wissen wäre allerdings notwendig, um eine adäquate Rechtsberatung anbieten zu können. Die österreichische Verfassung sieht Gleichbehandlung unter den Betroffenen vor. Es gibt rechtliche Grundsätze, welche ein faires Verfahren, Zugang zu einer entsprechenden Unterkunft und zur Rechtsberatung regeln. Ich persönlich habe in meiner kurzen juristischen Laufbahn noch keinen Rechtsbereich erlebt, bei dem Theorie und Praxis so weit voneinander abweichen.
FRO: Was wäre dir noch wichtig zu sagen?
Linda: Geltendes Recht ist einzuhalten. Dafür werden wir uns auch weiter einsetzen.
www.helpinghands-linz.at
Linda Greuter ist angehende Juristin (Studium der Rechtswissenschaften an der JKU Linz mit Schwerpunkt Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie), Teilnehmerin des Lehrgangs für Rechtsberatung im Asyl- und Fremdenwesen (Caritas) und Vorsitzende von Helping Hands Linz – Verein für ehrenamtliche fremdenrechtliche Beratung.
Zuletzt geändert am 08.09.15, 00:00 Uhr
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