Caroline Edlinger: Das Salz im Brot
Caroline wollte immer raus aus ihrer Heimatgemeinde. Jetzt bäckt sie genau dort nur das, was ihr auch schmeckt, vor allem ohne Rosinen. Ihr muss es Spaß machen und sie möchte nie sagen: „Hätt ich doch“
Caroline ist in Hinterstoder aufgewachsen. Sie hatte schon früh das Gefühl „raus“ zu müssen um Erfahrungen zu sammeln. Einen Urlaub in ihrer Heimat legt sie uns und allen Hörer:innen dennoch wärmstens ans Herz. Nach der Hauptschule ging es also nach Linz, dort hat sie die HAK besucht und im Internat gewohnt. Das war für sie eine tolle Erfahrung zum selbständig werden und um neue Freundschaften schließen.
Entgegen der Mehrheit hat sie in der Schule als Fremdsprache „russisch“ ausgewählt – eine Entscheidung, die sie bis heute prägt. Caroline beweist immer wieder Mut und springt ins kalte Wasser. So auch nach der HAK, als sie zur Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse nach Cambridge ging und anschließend als Quereinsteigerin in der Hotellerie Erfahrungen sammelte. Als sie das Gefühl hatte nun ausreichend Erfahrungen und Englischkenntnisse gesammelt zu haben, kam sie zurück nach Österreich und probierte sich für ein Jahr als Flugbegleiterin aus um anschließend wieder zurück Richtung Heimat zu kommen und in Linz in einer Wirtschaftsprüfungskanzlei zu arbeiten. Ihr Chef motivierte sie zu einem Wirtschaftsstudium, das sie auch abgeschlossen hat, obwohl sie schon davor durch ein Schlüsselerlebnis wusste, dass sie diesen Beruf nicht ausüben wollte.
Ihr Mann Engelbert hat sich damals mit einer russischsprachigen Visitenkarte bei ihr vorgestellt und nicht damit gerechnet, dass sie diese lesen kann. Er ist Bäckermeister und war beruflich schon sehr lange mit Russland verbunden und die beiden lebten deshalb eine Zeit lang eine Fernbeziehung. Er eröffnete in Moskau eine österreichische Bäckerei in der es neben Roggenbrot, Topfentascherl und Apfelstrudel auch Ciabatta und Muffins gab. Als sich die Möglichkeit ergab nebenbei noch für eine österreichische Firma eine Produktion in Russland aufzubauen ist Caroline mitgegangen.
Die Möglichkeit etwas von Null auf zu entwickeln beschreibt sie als große Chance. Sie erzählt wie sie sich gemeinsam mit ihrem Mann jeden Tag Schritt für Schritt überlegt haben was als nächstes zu tun ist. So haben die beiden in eineinhalb Jahren eine Firma mit 50 Mitarbeiter:innen aufgebaut. Eindrücklich in Erinnerung geblieben ist ihr die Solidarität mit der sich Frauen in Führungspositionen unterstützt haben und auch, dass gerne Komplimente ausgetauscht wurden. Caroline berichtet uns, dass es die russische Seele wirklich gibt und wie sehr sie die aktuelle Kriegssituation schmerzt.
Nach zwei Jahren wollte sie dann wieder zurück in die Heimat. Der kulturelle Unterschied machte sich für sie besonders bemerkbar, wenn sie griesgrämige unzufriedene Mitmenschen in ihrem Arbeitsumfeld wahrnahm. So wurde ihr rasch klar, dass sie etwas machen wollte, was ihr persönlich Spaß macht und Kraft gibt.
„Wenn mein Mann den Mitarbeitern in Russland das Backen beibringen kann, dann werde ich das wohl auch schaffen.“ lacht sie heute, obwohl sie uns berichtet, dass dabei auch die eine oder andere Träne geflossen ist.
Mit ihrem Ersparten richtete sie sich eine kleine Backstube ein. Die Engelbäckerei befindet sich inmitten einer Einfamilienhaussiedlung im Erdgeschoss und Keller ihres Hauses in dem sie beide mit ihren Eltern gemeinsam leben. Sie hat freitags und samstags geöffnet und ist aktuell der Meinung, dass sie das so belassen möchte, um den Spaß an der Sache nicht zu verlieren.
Sie erzählt, dass ihre Handsemmeln das beliebteste Gebäck sind und, dass sie sich mit Youtube Videos fortgebildet hat. Sie lässt sich gerne durch andere inspirieren und macht dann aber doch ihre eigenen Kreationen daraus. Mittlerweils hat Caroline ihr eigenes Gewerbe angemeldet, liebt es, dass sie ihre Engelbäckerei so gestalten kann, wie es für sie passt und deshalb werden dort neben rosinenlosen Mehlspeisen auch immer wieder Komplimente ausgegeben.
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Zuletzt geändert am 19.06.24, 10:00 Uhr
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