Die Volkshochschule Linz als Ort demokratiepolitischer Bildung
von Harald Wildfellner //
Die Volkshochschule Linz ist eine der wichtigsten außerschulischen Bildungseinrichtungen der Stadt. Das Angebot der VHS reicht von Alphabetisierung bis hin zu wissenschaftlichen Vortragsreihen. Harald Wildfellner erinnert in seinem Beitrag an den antifaschistischen Auftrag der VHS und an die Hoffnungen, die bereits im 19. Jahrhundert in eine breite Volksbildung gesetzt wurden. Wesentlich dabei war immer der freie Zugang zu Wissen. Daher stand die VHS Linz auch mit an der Wiege von Radio FRO und setzt sich für einen offenen Zugang zu Archiven als Vorbedingung demokratischer Entwicklungen ein.
Die Volkshochschulen in Österreich haben ihre Wurzeln im Wesentlichen in der bürgerlichen Volksbildungsbewegung und den Arbeiter*innen-Bildungsvereinen, die in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Die Volkshochschule Linz, auf die hier fokussiert wird, ist eine der erfolgreichsten Neugründungen nach 1945. Sie knüpft an die Geschichte des Oberösterreichischen Volksbildungsvereines (gegründet 1872) und des Kommunalstatistischen Amtes an – dem Vorläufer des Kulturamtes der Stadt Linz, nunmehr „Linz Kultur“. Während im vorvorigen Jahrhundert die Stoßrichtung stark antiklerikal und aufklärerisch war – verknüpft mit Parolen wie „Wissen ist Macht“ und „Bildung macht frei“ – sind die politischen Bildungsinitiativen der städtischen Erwachsenenbildung des 20. Jahrhunderts ausdrücklich mit einer antifaschistischen Ausrichtung verbunden.
1947 wurde die VHS Linz als erste kommunale Volkshochschule Österreichs ins Leben gerufen. Der Gründungsauftrag war, den Aufbau einer offenen, demokratischen Gesellschaft zu unterstützen. Die VHS Linz avancierte innerhalb weniger Jahre zur größten Volkshochschule Österreichs (Wien war bezirksweise organisiert).
Den „Hitlerismus“ überwinden
Während 1885 im Organ „Der Volksbote“ des OÖ Volksbildungsvereines verkündet wurde, dass „die echte Volksbildung nicht danach strebt, aus dem gemeinen Mann einen Gelehrten zu machen, sondern ihm Mittel und Wege zu eröffnen, der bürgerlichen Freiheit theilhaftig zu werden“, hieß es in einer Schrift des Linzer Bürgermeisters Koref zu Beginn der 2. Republik, dass der jahrelangen nationalsozialistischen Indoktrinierung ein demokratisches, kulturelles Gegengewicht gegenübergestellt werden solle. Der städtischen Volkshochschule kam die Aufgabe zu, „Demokratie zu lehren“ und damit den „Hitlerismus“ zu überwinden. Angesichts der „schrecklichen Folgen der vergangenen Jahre brutalster Unterdrückung“, so meinte 1947 der erste Direktor der VHS Linz, Herbert Grau, sollte die Erwachsenenbildung einen aufgeklärten, toleranten und der friedlichen demokratischen Verständigung dienenden Dialog ermöglichen – gegen den „Hass und die Selbstüberheblichkeit des Nationalsozialismus“ und die „geistige Uniformierung“ gerichtet. Überzeugt von der Bedeutung politischer Bildung für ein demokratisches Gemeinwesen sprach er sich vehement gegen die „politische Apathie“ der Nachkriegsjahre aus.
In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass von der Besatzungsmacht politische Aktivitäten eher untersagt als gefördert wurden. Trotzdem war im Programm der VHS Linz von Anbeginn als Schwerpunkt „Weltanschauung, Politische Bildung und Staatsbürgerkunde“ verankert.
1954 trat als Partner und zweite Trägerin der Volkshochschule Linz die Arbeiterkammer OÖ hinzu, die ein Gebäude zur Verfügung stellte, das mit einer internationalen Tagung zu „Demokratie und Erwachsenenbildung“ eröffnet wurde. Konsequenterweise ist der rote Faden durch die fast 70 Jahresprogramme der VHS Linz die Zeitgeschichte, insbesondere die Periode des Ständestaates und des Nationalsozialismus sowie der Entwicklungspfad zu diesen autoritären und totalitären Diktaturen.
Zugang zu Bildung und Wissen
Doch auch die weitere politische Entwicklung hatte ihren programmatischen Niederschlag. Die VHS Linz war Teil oder sogar Ausgangspunkt für eine Reihe von politischen und sozialen Initiativen in Linz, wie der Friedensbewegung, der emanzipatorisch-feministischen Frauenbewegung und der Männerbewegung im Geist der Protestbewegungen der 60er Jahre. Die VHS Linz ist auch verbunden mit ökologischen Ideen, mit Gleichstellungsbestrebungen von Menschen mit Behinderungen, mit globalisierungskritischen Bewegungen, mit dem Sozialforum. Nicht zuletzt werden in Veranstaltungen entwicklungspolitische „Nord-Süd-Fragen“ sowie zunehmende Ökonomisierung, Marktradikalismus oder Neoliberalismus thematisiert.
Auch die Mediendemokratisierung im Gefolge der Liberalisierung der 1990er Jahre war ein Anliegen der VHS Linz. Das Konzept für ein Freies Radio in Linz/Oberösterreich (heute Radio FRO) entstand in der VHS. Hier wurde auch das erste Bürger*innenfernsehen Österreichs im Rahmen der Medienwerkstatt Linz etabliert. Teilhabe und Partizipation zu schaffen und so demokratische Strukturen zu festigen und zu befördern, ist weiterhin das Bestreben der Einrichtung, die nunmehr im Linzer Wissensturm untergebracht ist. Der Zugang zu Bildung wird als Voraussetzung für Demokratie angesehen. Damit verknüpfen sich auch Forderungen beziehungsweise Angebote und Veranstaltungen zum freien Internetzugang sowie Zugang zu Wissen und Online-Archiven.
In den sogenannten „Profilen“ für die Einrichtungen im Wissensturm ist auch ausdrücklich die Politische Bildung verankert. Damit wird die lange Tradition der Aufklärung und des Wirkens im Sinne demokratischer Bewusstseinsbildung unterstrichen.
//Harald Wildfellner ist seit 1990 Leiter des Fachbereiches Politik und Gesellschaft an der VHS Linz und seit 2004 Geschäftsführer der Medienwerkstatt Linz. Außerdem ist er ehrenamtlicher Vorsitzender der entwicklungspolitischen NGO Südwind OÖ.
Zuletzt geändert am 31.08.14, 00:00 Uhr
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