Ein Loblied
von Petra Moser ///
Ich bin aufgrund eines Praktikums bei Radio FRO 105.0 nach Linz gezogen und gleich geblieben. Als damalige Programmkoordinatorin bin ich zufällig 2001 in die Musikredaktion gestolpert. Seitdem beobachte ich mehrmals die Woche das Treiben der alternativen Musikszene auf Konzerten und anderen Musikveranstaltungen.
„Linz! De klanste Stadt und des greßte Dorf,“ – so heißt es im Refrain der Antihymne „Big L“ auf dem jüngst erschienenen Album „Wir und Ihr“ (Tonträger, 2012) von Andi & Alex. Da kann ich nur zustimmen, auch wenn ich die Linzer alternative Musiklandschaft mit optimistischem Blick betrachte. Linz ist eine Stadt, die einen Dorfcharakter mit urbanen musikalischen Tendenzen vereint. Das ist vermutlich auch die Kombination, die die alternative Musikszene dieser Stadt so liebenswürdig macht. Man kennt sich, man macht sozusagen „gemeinsame Sache“, oft auch genreübergreifend. Es scheint, als ob DIE Szene wirklich eine einzige Szene ist. Die Chance, dass sich das Publikum auf einem Avantgarde-Konzert mit dem Publikum einer Dubstep-Party überschneidet, ist nämlich äußerst hoch und das ist gut so.
Als hippe europäische Stadt kann sich Linz wohl nicht bezeichnen
Authentizität trifft den Charakter vieler AkteurInnen der Szene viel eher als Starallüren. Das hat auch bestimmt was mit der ArbeiterInnen-Tradition zu tun. Realness versus Posertum, um kurz im Hip-Hop-Jargon zu schreiben. Immerhin wird Linz zu Recht als österreichische Hauptstadt des Hip-Hop, des „guten“ Hip-Hop, bezeichnet. Auch jegliche elektronische Strömungen finden, mal mehr, mal weniger, Nährboden für ihr musikalisches Schaffen. Für herkömmliche Bandkonzepte à la Schlagzeug/Bass/Gitarre gilt: je experimenteller, desto besser. Der Pop-Boden scheint in Linz nämlich nicht sonderlich fruchtbar zu sein. Grundsätzlich kann man schon behaupten, dass sich in der Stadt einiges tut in Sachen Musik, in Relation zur Größe selbstverständlich. Woran das liegt? An vielen engagierten Menschen, die sich für eine lebendige Szene einsetzen, Musik machen, auflegen, Labels gründen und alle möglichen Konzerte und Partys veranstalten. Das ist den Menschen zu verdanken, die sich sozusagen den Arsch aufreißen. Danke! Das passiert eher im Umfeld von KAPU, Stadtwerkstatt & Co als im Rahmen des Oberösterreichischen Musikschulwerks. Aber das war uns eh klar. In den lokalen Produktionen geht es meist um Inhalte, die transportiert werden wollen. Denn, dass nur wenige österreichische MusikerInnen von ihrer Musik leben können, ist bekannt. Die Leidenschaft an der Sache selbst ist somit weit im Vordergrund und der Spaßfaktor ein nicht ganz unwesentlicher, ohne irgendjemandem Ernsthaftigkeit absprechen zu wollen.
Nicht, dass hier jetzt jemand glaubt, dass die LinzerInnen im eigenen Wasser dahindümpeln. Von Ghettoisierung kann nämlich gar nicht die Rede sein. Einerseits ist die Szene international gut vernetzt und andererseits setzt sie sich mit der aktuellen popkulturellen Diskussion auseinander. Das ist im musikalischen Schaffen erkennbar, aber auch in der Programmierung von Veranstaltungen. Das letztjährige stop.spot! Festival hat sich beispielsweise unter anderem die weltweit diskutierte Retromania zum Thema gemacht.
Auf den relevanten Bühnen kann man ein halbwegs ausgeglichenes Verhältnis von lokalen beziehungsweise regionalen Acts und internationalen KünstlerInnen feststellen. Das kann man leider vom Geschlechterverhältnis noch nicht behaupten. Aber auch da bin ich optimistisch, denn viele VeranstalterInnen sind sich der Problematik bewusst und bemühen sich um mehr weibliche Acts auf Linz´Bühnen.
Radio FRO hat es sich zur Aufgabe gemacht, den heimischen Produktionen im laufenden Programm viel Platz einzuräumen. Mit Schwerpunkt auf Strömungen, die sich abseits des Mainstream bewegen. Und davon gibt’s in Linz ja genug.
——
Petra Moser betreut die Musikredaktion von Radio FRO 105.0 und hätte lieber ein Tape aufgenommen oder eine Playlist gebastelt als einen Text zu schreiben.
Zuletzt geändert am 16.05.12, 00:00 Uhr
Kommentare werden von der Redaktion moderiert. Es kann daher etwas dauern, bis dein Kommentar hier erscheint. Wir behalten uns vor, diskriminierende oder diffamierende Kommentare, sowie solche, die straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, zu entfernen.