Keine clevere Geschäftsidee
von Sabina Köfler ///
Band gegründet. Tonträger produziert. Major-Labels kontaktiert. Keine Antwort.
Diese oder ähnliche Situationen kennen die meisten MusikerInnen, deren Leidenschaft nicht dem Mainstream zuzuordnen ist. Und doch findet man schnell einen Ausweg aus der Misere: ein eigenes Label gründen. Das ist hierzulande recht einfach, bald hat man einen Verein und wichtiger, das eigene Alternativ-Label, um unabhängig von den Vorgaben des Musikmarkts zu agieren. Doch was nun? Jetzt geht die Arbeit erst so richtig los.
Im Wohnzimmer stapeln sich die Kartons, gefüllt mit CDs, Kassetten und Schallplatten. Der Verkauf läuft und nach einigen Monaten sind 100 Tonträger verkauft. Bleiben noch 400 übrig, wenn man bedenkt, dass das Presswerk erst ab einer Stückzahl von 500 Stück produziert. 900 dann, wenn man erfährt, dass der Preisunterschied zur doppelten Stückzahl minimal ist.
Eine der wenigen Möglichkeiten, seine Musik unter die Leute zu bringen, stellt der direkte Kontakt mit den HörerInnen dar – das Konzert. Es gibt zwar nicht gerade viele Auftrittsmöglichkeiten in Linz, doch die sind einem/einer ziemlich sicher. Über die Landesgrenzen hinaus wird es dann schon aufgrund der Reisekosten schwieriger. Die meisten selbst organisierten Tourneen spielen, wenn überhaupt, nur die dafür aufgebrachten Kosten herein. Es ist finanziell oft nicht drin, als kleines Label die Band bei solchen Auslandsreisen zu begleiten, um das Merchandising abzuwickeln. Somit bleibt eine wichtige Aufgabe des Labels unausgeschöpft.
Der Verkauf bei Konzerten oder über den eigenen Online-Shop ist aufwendig und der Erfolg hält sich in Grenzen.
Ein Vertrieb muss her. Nur welcher? Die Vertriebsstrukturen für alternative Musik sind in Österreich in den letzten Jahren nach und nach weggebrochen. Der Musikmarkt schreit eben nach easy listening und so bleibt man auf den restlichen Tonträgern sitzen. Mit jedem neuen Projekt versucht man sein Glück erneut, legt sich doch einen so verhassten Facebook-Account zu, um die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern, und hofft auf bessere Zeiten. Ein unabhängiges Musiklabel zu gründen ist keine clevere Geschäftsidee. Unzureichende Auftrittsmöglichkeiten, kaum funktionierende Vertriebswege und fehlende strukturelle Mittel für die Bekanntmachung neuer Produktionen führen viele Labels in die Abhängigkeit von Fördermitteln. Um trotzdem die nächste Produktion zu sichern, bedarf es einiges an Kreativität und unbezahlter Arbeit.
Majas kleiner Musikmarkt und Kritik an Freien Radios
So eingeschränkt sich der Handlungsspielraum eines unabhängigen Labels gestaltet, so wichtig ist es, dass es all die kleinen alternativen Gruppierungen gibt, denn sie halten die avantgardistische, neue, kompromisslos innovative Musik am Leben. Und hin und wieder gibt es Maja Osojniks, die sich engagieren, um diese verstreuten Labels zusammenzubringen. So hat es die in Wien beheimatete Avantgarde-Musikerin im vergangenen Jahr geschafft, einen Musikmarkt zu organisieren, bei dem sich alternative Labels aus ganz Österreich zusammenfanden, um ihre Werke zu verkaufen. Vor allem hat das Zusammentreffen gezeigt, dass alle vor denselben Problemen stehen, und eine Initiative zur Vernetzung wurde geboren. Zentraler Kritikpunkt der beteiligten MusikerInnen und LabelbetreiberInnen ist die Unterrepräsentation der alternativen Musik in der österreichischen Radiolandschaft. Von den wenigen Radios, die in Frage kommen, kommt kaum Interesse an Unbekanntem oder Ungewöhnlichem. Die einzige Alternative stellen also die Freien Radios dar. Zum einen, weil sie sich selbst abseits des Mainstream bewegen und zum anderen, weil sie sich verstärkt der Berichterstattung zu lokalen Themen verschrieben haben.
Unter mehreren hundert SendungsmacherInnen findet sich fast immer jemand, der/die Interesse zeigt, über Neues in der Musikwelt zu berichten. Die Genres sind dabei vielfältig abgedeckt und es gestaltet sich für die KünstlerInnen weit einfacher als im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Interviews und Airplay zu vereinbaren. Und immerhin kann man ja auch gleich seine eigene Radiosendung machen.
Einen Kritikpunkt gibt es allerdings, der nicht unerwähnt bleiben darf: Die Freien Radios bezahlen ihre Abgaben bei der AKM (Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger – die österreichische Verwertungsgesellschaft für Senderechte) pauschal. Anders als kommerzielle Radiostationen verfügen sie über kein effizientes System, eine genaue Auflistung aller gespielten Musiktitel an die Verwertungsgesellschaft zu übermitteln. Das führt dazu, dass die AKM die Pauschalbeiträge über einen Schlüssel verteilt, der nur den meistgespielten Bands zugutekommt.
Um diese Situation zu verbessern, braucht es politisches Engagement und gemeinsame Strategien der unabhängigen, alternativen Musiklabels und der Freien Radios.
—-
Sabina Köfler betreibt mit neun weiteren Personen das Linzer Label zach records. Der Name kommt natürlich nicht von ungefähr. Momentan arbeitet zach records gemeinsam mit Maja Osojnik an der Planung eines alternativen Musikmarkts in Linz.
Zuletzt geändert am 16.05.12, 00:00 Uhr
Kommentare werden von der Redaktion moderiert. Es kann daher etwas dauern, bis dein Kommentar hier erscheint. Wir behalten uns vor, diskriminierende oder diffamierende Kommentare, sowie solche, die straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, zu entfernen.