Leben mit Long Covid
Lena erzählt im FROzine Interview über ihren Alltag mit Long Covid. Unter welchen Symptomen sie leidet und wie sie überhaupt zu ihrer Diagnose gekommen ist.
Lena hatte im April 2022 eine Covid Infektion. Der Verlauf war eigentlich nicht sehr schwer und ihr ging es danach auch wieder besser. Erst ein paar Monate später hat sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Kopfschmerzen, wenn sie auf einen Bildschirm schaut, Schwindel, Schlafstörungen. Damit beginnt die Suche nach Ärzt*innen, die bei den Symptomen helfen könnten. Ein Problem dabei war, dass Termine bei Kassaärzt*innen erst nach monatelanger Wartezeit frei gewesen wären und privat zu zahlen, ist für viele eine zu große finanzielle Belastung.
Lena wurde körperlich durchgecheckt und auch neurologisch untersucht. Die Diagnose: Post Covid-19 Zustand. Diese Diagnose ist schwammig, Post Covid wird dann diagnostiziert, wenn Beschwerden länger als 12 Wochen nach einer Infektion noch andauern. Ein paar der über 100 Symptome, die auftreten können, sind: Müdigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Gelenkschmerzen, Depression. Wie viele Menschen in Österreich an Long Covid leiden, ist nicht bekannt. Die Arbeiterkammer schreibt, dass es letztes Jahr ca. 46.000 dokumentierte Krankenstände gegeben hat.
Lenas Symptome halten auch jetzt noch an. Sie leidet an einem ständigen Erschöpfungszustand, sie muss sich zum Beispiel ausruhen, nachdem sie die Wäsche aufgehängt hat. Auch nach einer Reha geht es ihr nicht viel besser. Diese war sehr auf körperliche Beschwerden fokussiert, aber Lena hätte eine neurologische Versorgung gebraucht. Ihr fällt selbst auf, dass sich ihr Gedächtnis verschlechtert hat:
Es fühlt sich teilweise ein bisschen so an, als ob man irgendwie dümmer geworden ist. Mir fällt leider dazu keine andere Beschreibung ein. Es ist halt wirklich so. Man vergisst ständig Sachen. Ich geh aus dem Zimmer und weiß nicht mehr, was ich tun wollte und halt nicht einmal am Tag, sondern fünfzehnmal am Tag.
Eine neue Diagnose ist nach der Reha noch dazugekommen: ME/CFS, das steht für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom. Es tritt vor allem nach bakteriellen und viralen Infektionen auf. Die Österreichische Gesellschaft für ME/CFS beschreibt die Krankheit folgendermaßen:
ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom) ist eine schwere neuroimmunologische Multisystemerkrankung, die je nach Ausprägung zu schweren körperlichen Einschränkungen, Verlust der Arbeitsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit bis hin zur künstlichen Ernährung führen kann. Ein Großteil der Betroffenen ist nicht mehr arbeitsfähig, ein Viertel der ME/CFS Erkrankten ist an Haus oder Bett gebunden und pflegebedürftig.
Ihren Alltag muss Lena sehr vorsichtig gestalten, überanstrengt sie sich, körperlich oder geistig, kann das zu einem sogenannten Crash führen. Danach sind Personen so erschöpft, dass sie tagelang nur noch liegen können. Am besten in einem abgedunkeltem Raum, mit so wenig Reizen wie möglich. Diese Erschöpfung macht es für Betroffene auch so schwierig, sich miteinander zu vernetzen oder aktivistisch tätig zu sein. Lena findet nämlich, dass viel zu wenig für erkrankte Personen getan wird und auch die Forschung kümmere sich nicht genug darum.
Aus diesem Grund findet am 12. Mai der internationale ME/CFS Tag statt, um darauf aufmerksam zu machen, wie Menschen wegen ihrer Erkrankung nicht mehr am Allttag teilnehmen können und dass die Wissenschaft endlich mehr Forschung in diese Krankheit investiert. In Wien findet ab 10:00 eine Protestaktion vor dem Parlament statt.
Lena wünscht sich mehr Solidarität von der Bevölkerung, weiterhin Maske tragen in öffentlichen Verkehrsmitteln und Innenräumen wären eine leichte Möglichkeit, damit sich Menschen mit einem schwächeren Immunsystem im Alltag sicherer fühlen können.
Moderation: Aylin Yilmaz
CC-Musik:
JC Pierric – Put These Away
Sebteix – Sax to the Beat
Zuletzt geändert am 23.06.23, 20:58 Uhr
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