Ein Radionest für Wels!
Die Geschichte von Radio FRO und der Etablierung eines Außenstudios in Wels (“Radionest”) ist eine lange und geht schon über 20 Jahre. Bekanntlich ist mit dem Empfang der Frequenz 105.0 MHz vom Linzer Pöstlingberg schon kurz vor Marchtrenk Schluss. Natürlich wäre von meinen Vorgängern und Gründungsmenschen von Radio FRO der Wunsch da gewesen, den gesamten Linzer Zentralraum mit freien, nichtkommerziellen Radioinhalten zu bespielen.
Drei Frequenzanträge zwischen 2002 und 2012
Im Jahr 2002 wurde die UKW-Radio-Frequenz 98,3 MHz für Wels und Umgebung ausgeschrieben. Radio FRO bewarb sich damals um die Frequenz mit der Absicht, ein Radionest in Wels zu etablieren. Ziel war es, täglich ein mindestens sechsstündiges eigenständiges, nichtkommerzielles Programm für Wels zu produzieren, in Kooperation mit dem Kulturverein waschaecht. Während der restlichen Sendezeit sollte ein Mantelprogramm von Radio FRO in Wels gesendet werden. Der Antrag wurde abgelehnt. Den Zuschlag für die Frequenz erhielt im Jahr 2003 das Privatradio Meine Welle Wels, das nur ein Jahr später in Antenne Wels umbenannt und von den Fellner-Medien (heute: Ö24) aufgekauft wurde.
Mittlerweile ist der Sender ein Teil von Radio Austria, dem bundesweiten Radio der Unternehmensgruppe von Wolfgang Fellner. Fellner hat 2018/19 rund 60 über das gesamte Bundesgebiet verteilte UKW-Frequenzen aufgekauft, um eine bundesweite Privatradio-Lizenz neben dem bestehenden kommerziellen Privatradio KRONEHIT zu erreichen. Der Lokalanteil für Wels und Umgebung ist mittlerweile gleich null. Und so wie es derzeit aussieht, befindet sich das Radio Austria mitten im Verkaufsprozess. Von den vielen Ende der 90er und Anfang der 2000er gegründeten privat-kommerziellen Lokalradios ist ohnehin noch kaum was übrig. Die Frequenzen gingen entweder zu Kronehit oder zu Radio Austria. Es war nicht sehr realistisch, dass ein kommerzielles Privatradio für ein Gebiet wie Wels finanziell rentabel wäre. Einzig die nichtkommerziellen Radios (14 an der Zahl, mit dem Freien Radio Innviertel vielleicht bald 15) halten im Radiosektor die Stellung, was lokal und regional produzierte Inhalte betrifft.
2007 dann der nächste Versuch: Als Radio Bellevue GmbH stellten der Kulturverein waschaecht, der Kulturverein röda und Radio FRO gemeinsam einen Frequenzantrag für Linz, Wels und Steyr. Für Wels war die Frequenz 95,8 MHz ausgeschrieben. Der Zuschlag ging abermals nicht ans nichtkommerzielle Programm, sondern an Lounge FM. Lokaler Anteil an Berichterstattung oder überhaupt eine Berichterstattung in diesem Sender ebenfalls gleich null. Und auch hier steht ein Verkauf der Sendelizenzen an ein größeres Radio im Raum.
2012 stand die Welser Frequenz 98,3 MHz neuerlich zur Ausschreibung. Und Radio FRO hat wieder einen Antrag gestellt, diesmal auf Erweiterung des bestehenden Sendegebietes, wobei die Welser Frequenz gezielt mit lokalen Inhalten bespielt worden wäre. Dazu hätte ein eigenes Studio in Wels in Kooperation mit dem Medien Kultur Haus Wels beitragen sollen. Der Zuschlag ging abermals an Fellners Antenne Wels. Lokalanteil für Wels und Umgebung ist nach wie vor gleich null.
Radionest im Alten Schlachthof in Wels
Warum erzähle ich das ganze? Nun, 25 Jahre nach Inbetriebnahme der Frequenz 105.0 MHz von Radio FRO entsteht wieder etwas neues: ein Radionest in Wels im Alten Schlachthof.
Der FreiRaum Wels übersiedelt in das Kulturgelände Alter Schlachthof, es entsteht ein gemeinschaftlich genutzter Raum für die Zivilgesellschaft. Neu beim Angebot des FreiRaums ist das „Radionest“. Mit Unterstützung des Verein FreiRaumWels, Kulturverein waschaecht und allen voran durch die engagierte Kollegin Marina Wetzlmaier entsteht eine niederschwellige Möglichkeit, das Medium Radio (bzw. generell Audioproduktion) kennenzulernen. Das Radionest soll auch eine Einladung an die Welser Zivilgesellschaft sein, selbst Audioformate zu produzieren.
Der FreiRaumWels eröffnet neu und Radio FRO ist mit dabei: am 16. April 2023, Eröffnungsbrunch von 10 bis 16 Uhr. Schaut vorbei und lernt den FreiRaum inkl. Radionest kennen.
Lokale Inhalte für die lokale Community
Und das ganz ohne UKW-Frequenz für Wels. Aber das braucht es heutzutage auch nicht mehr. Es geht schon längst nicht mehr nur um die lineare Ausstrahlung. Hör- und Konsumgewohnheiten von Medien haben sich geändert. Erst kürzlich wurde bei der Konferenz “Im Auge der Infodemie” von DORFTV und Kunstuniversität Linz über die Zukunft des nichtkommerziellen Fernsehens diskutiert. Da gings’s viel um die Rolle nichtkommerzieller Medien als zivilgesellschaftlicher Kristallisationspunkt, darum demokratische Partizipation zu stärken. Alf Altendorf, Geschäftsführer von FS1 und Radiofabrik in Salzburg meinte z.B., es gehe nicht darum, wo die Inhalte ausgestrahlt werden, es sei “wurscht, wo das Ding rausgeht”, sie sehen sich als Audiovisuelle Produktionsstätte für die Zivilgesellschaft und die lokale Kulturszene.
Seid kreativ, bespielt alle Kanäle und verfallt nicht in Routine!, meinte sinngemäß Medienredakteurin Doris Priesching vom Standard. Routine sei der größte Feind des Medienmachenden. Insofern wünsche ich den Initiator*innen und Nutzer*innen des FreiRaumWels und des Radionest, dass sie viel ausprobieren, nicht in Routine verfallen, und interessante Audio-Inhalte produzieren, ganz unabhängig ob das dann als Podcast konsumiert, im Stream oder auch live bei Radio FRO ausgestrahlt wird!
Danke an alle Beteiligten, die das ermöglichen!
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