Mo 10. Feb 2025

Keine Fahrt ins Blaue.

Ein Beitrag von Medienpionier Otto Tremetzberger

Otto Tremetzberger ist seit 2001 in leitenden Funktionen in Kultur und Medien tätig, als Autor, Kulturmanager, Mitbegründer von DORFTV und Freies Radio Freistadt.  Er ist auch im Verwaltungsausschuss von Radio FRO tätig.

Otto Tremetzberger

Dieser Kommentar wurde in der “Seuchenkolumne” von Armin Thurnher im Falter am 4. Februar 2025 veröffentlicht.

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In Österreich war das Thema der „Freien Meinungsäußerung“ sehr lange ein sperriges Betätigungsfeld vom Stamm der Medienjuristen und -juristinnen. Dazu kam ein überschaubares, aber beharrliches Milieu an Aktivisten und Aktivistinnen, aus deren Kreisen in den 1990er Jahren unter anderem die Freie Radios hervorgingen.

In der Medienbranche selbst, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, hat kaum jemand über „Medienfreiheit“ gesprochen. Offenbar in der Annahme, dass der heimische Journalismus ohnehin schon alles abdecke, was man als öffentliche und veröffentlichte Meinung für notwendig hielt.

Außerhalb der Juristerei schienen Begriffe wie „Freie Meinungsäußerung“ und „Medienvielfalt“ geradezu punziert, linksextreme Kampfbegriffe, ein Tabu, über das man nicht reden wollte und brauchte. Weltanschaulich geprägte Ignoranz und journalistischer Hochmut gingen Hand in Hand. „Ja, wo kämen wir denn hin, wenn jeder …“

Diesen und sehr ähnlichen Vorbehalten bin ich in Gesprächen mit Politik, Verwaltung und Medienschaffenden in den letzten 25 Jahren begegnet, wenn es darum ging, bessere Rahmenbedingungen für „Alternative Medien“ zu verhandeln.

„Alternative Medien?“. Darunter verstand man keineswegs immer AUF1, RT und FPÖ TV, sondern „Freie Radios“, „Community TV“ und eine Hand voll kleiner, unabhängiger, gemeinnütziger Printprodukte, deren Gemeinsamkeit darin bestand, dass man ihnen nicht über den Weg traute.

Aber am Ende waren es nicht die „Freien Radios“, sondern Meta, X und andere, die mit ihrem radikalen Verständnis von „Open Access“ die Büchse der Pandora öffneten.

Der Traum von der Freien Meinung ist zum Alptraum geworden.

Heute dominieren rechte und rechtextreme Blogs, misogyne MAGA-Podcaster und selbsternannte „Free Speech Absolutisten“ wie Elon Musk die Debatte über „Freie Meinung“.

Vor diesem Scherbenhaufen stehen wir, wenn wir heute im Vorhof einer FPÖ-ÖVP Bundesregierung über das hohe Gut „Medien- und Meinungsvielfalt“ reden.

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