Politik & Gesellschaft
Die Landwirtschaft im Kapitalismus ist den meisten Menschen mehr oder weniger vertraut als eine Reihe von Skandalen, die durch die Presse geistern. Vor 20 Jahren war es der Rinderwahnsinn oder BSE, in letzter Zeit waren es Skandale bei der Eierverarbeitung, bei Tierhaltung und Tierzucht, das Glyphosat und das Nitrat im Wasser, das die Landwirtschaft ins Gerede brachte. Nicht zu vergessen die in Zeiten von Corona aufgedeckten skandalösen Arbeitsverhältnisse von Erntearbeitern, die davon zeugen, dass zu einer kapitalistisch betriebenen Landwirtschaft offensichtlich nicht nur Tierleid, sondern auch eine gehörige Portion Menschenschinderei dazugehören. Argument der Bauern für all diese Praktiken ist regelmäßig, dass sich nur so wirtschaftlich arbeiten lässt.
Ebenfalls entnehmen kann man der Presse, dass niedrige Erzeugerpreise, ausgelöst durch Produktionsüberschüsse, Verwerfungen internationaler Märkte, Dumpingpreise und Diktate der Supermärkte die bäuerliche Existenz dauerhaft prekär machen.
Und dann gibt es ökologisch inspirierte Leute, die die Vergiftung der Umwelt kritisieren und behaupten, man könnte im Kapitalismus genauso gut schonend eine Landwirtschaft betreiben, in der weder die Natur noch der Mensch noch irgendein Lebensmittel eine Beeinträchtigung davonträgt. Die konventionell wirtschaftenden Bauern schlagen zurück und richten diesen ökologisch angehauchten Menschen aus: So kann man keine Massenproduktion hinbekommen, die auch noch billig ist und ein gesamtes Volk ernährt. Sie seien auf Grund der Preisdiktate großen Abnehmer und Diskounter genötigt, so zu wirtschaften. Die erpresserischen Großabnehmer ihrerseits rechtfertigen sich mit dem Verhalten des Verbrauchers, der alles immer noch billiger haben wolle.
Vom System, das all das hervorbringt, wollen alle einfach nichts wissen. Was stattdessen stattfindet, ist ein giftiger Streit, in dem jeweils eine Partei die andere zum Schuldigen erklärt, der durch seine falschen Einstellungen für alle Übel in der Landwirtschaft verantwortlich ist. Die Bauern werden als Umweltschweine beschimpft, die ökologisch denkenden Landwirte werden umgekehrt als realitätsblind kritisiert. Der Verbraucher ist sowieso in der Schusslinie. Und die Politik fördert immer die Falschen. Jeder weiß einen Schuldigen zu nennen.
Dem soll eine andere Sicht entgegengestellt werden. Vielleicht ist es eben nicht die Einstellung der verschiedenen Figuren zur Sache namens Landwirtschaft im Kapitalismus. Sondern vielleicht ist die Sache selbst kritikwürdig.
Das soll in drei Kapiteln geklärt werden:
Worin besteht das Geschäft des Bauern im Kapitalismus?
Das kapitalistische Geschäft mit dem Bauern – Der Bauer als Lieferant der großen Handelsketten und der Lebensmittelindustrie
Was soll man von der Alternative der ökologischen Landwirtschaft, halten?
GegenArgumente