Raga CDs des Monats (12/12): Frauen in der indisch klassischen Musik Vokalistinnen (No. 1)
Im 19./20. Jahrhundert hat die indisch klassische Musik, im Besonderen die nordindische Klassik (Hindustani) einen spürbaren Wandel erfahren. War sie als höfische Kunst der Arbeitsplatz der Kurtisanen (s.g. Tawaifs), hat sich die indische Klassik zu einer anerkannten Kunstform entwickelt, die von jungen Mädchen und Frauen aus angesehenen Familien erlernt und als Beruf ausgeübt wird.
S e n d e t e r m i n e …
23. Dezember 2012 – 23:00-23:58 Uhr (05:00-05:58 pm EST) @ Radio FRO (A)
(Premiere: 16. November 2009 – 22:00 Uhr CET @ Tide Radio)
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Die Hindustani-Musik stand im frühen indischen Mittelalter besonders unter persischen Einfluss. Im 16. Jahrhundert versprach eine Patronage am Hofe der Großmogule den Kunstschaffenden und Artisten Wohlstand. Viele junge Mädchen wurden in den darstellenden Künsten ausgebildet. Dazu gehörten derKathak-Tanz und die indische Klassik, die Literatur mit Poesieformen wie den Ghazals und Thumris.
Die Thumri-Form ist ein Genre der leichten Klassik, häufig zum Hori-Fest, dem Frühlingsfest der Farben gesungen. Ursprünglich wurden die Thumri-s mit viel emotionalem Ausdruck durch Gestiken und Gesichtsmimiken – Abhinaya – ausgedrückt. In der weiteren Entwicklung verschwand diese Darstellungsform, die dem indischen Tanz vorbehalten blieb. Die Sängerinnen wichen dafür auf rein stimmliche Improvisationsformen ohne Lyrik aus, die sogenannten Bol-Banav-Ki Thumris.
Am 29. August 2009 wurde der Dokumentarfilm „Rasoolan Bai – Das andere Lied“ (original: The other Song) im Bangalore International Centre (Bangalore) der Öffentlichkeit vorgestellt. Rasoolan Bai (1902-1974) aus Varanasi bildete zusammen mit Begum Akthar (1914-1974), Badi Moti Bai von Benares und Siddheswari Devi (1907-1976) das Quartett der Gesangsköniginnen.
Von dem Rebell Gangubai Hangal (Gaanewali) wurden die geschlechterspezifischen Barrieren in der nordindischen Klassik durchbrochen. Gangubai wird auch als der „Vater des Khayals“ bezeichnet, dem modernen Gesangsstil der Hindustani-Musik. Als die Sängerin Gangubai Hangal, im Alter von 97 Jahren, im Juli 2009 nach langer Krankheit verstarb, wurden Stimmen laut, die bekundeten, dass die Ära der Frauenpower in der indisch klassischen Musik zu Ende sei.
Rasoolan Bai | Begum Akthar | Badi Moti Bai | Siddheswari Devi | Gangubai Hangal |
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Nach unserem westlichen Verständnis existiert auch ein verklärtes Frauenbild des ewig weiblich Göttlichen: Schon in der epischen Zeit gab es keine religiöse Handlung ohne Beteiligung der Frauen. Mit den Ashtanayikas, den acht Heroinnen zeigt sich ein Frauenbild, das wir noch heute in Indien antreffen.
In der südindischen Klassik (Carnatic) war die Ausübung der Kunst besonders den Mitgliedern derBrahmanen, eine Art Priesterschaft vorbehalten. Frauen hatten es schwer, auf die Bühne zu gelangen und sich mit ihrer Musik öffentlich zu zeigen. In den Anfängen der Phonoindustrie fanden Frauen für Schallplattenaufnahmen kaum männliche Begleiter.
Unter dem Einfluss der hinduistischen Mythen trifft man in Indian auf die Meinung, dass sich das Dreigestirn der Göttinen, Durga, Lakshmi und Saraswati den Menschen als Avatare in Gestalt der Gesangsvirtuosinnen DK Pattammal (1919-2009), MS Subbalakshmi (1916-2004) und ML Vasanthakumari (1928 – 1990) offenbarte.
Ihre Ankunft beendete die männliche Dominanz in der südindischen Klassik. Es begann eine Ära des Göttliche, der Kreativität und Innovation innerhalb der Grenzen traditioneller Werte.
Es waren Künstlerinnen, die ganz in der Musik aufgingen, nicht des Erfolges, noch des Ruhmes oder des Geldes wegen. Diese Frauen waren MeisterInnen des MultiTaskings, erfüllten vielerlei Aufgaben in unterschiedlichsten Rollen, als Mütter, Ehefrauen, Geschwister, Lehrer oder Grossmütter.
D.K. Pattammal | M.S. Subbalakshmi | M.L. Vasanthakumari |
Während heute viele Künstler unterschiedlichste Identitäten gleichzeitig zu leben scheinen, warenPattammal, Subbalakshmi und Vasanthakumari von einer einzigen Identität geleitet.
Die für Asien typische Präsenz und Funktion einer selbstlosen, göttlichen Liebe (Bhakti) war für diese Meisterinnen des Gesangs ihre Antriebskraft, um beständig auch grösste gesellschaftliche Widerstände bis zu ihrer künstlerischen Anerkennung zu überwinden.
Zuletzt geändert am 22.12.12, 00:00 Uhr
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