Summerau,96 feiert 15,0 auf 105.0
von Manuela Mittermayer//
15 Jahre ist es her, dass Summerau,96 als unzuordenbares Literaturmagazin das erste Mal auf 105.0 on air ging.
Drei Personen haben die Sendung in wechselnden Rollen ins Teenageralter gebracht: Erich Klinger als Gründer und Sendungsverantwortlicher bis 2011, Wally Rettenbacher als Gastgestalterin und seit 2011 als Sendungsverantwortliche und Manuela Mittermayer, die als Geburtshelferin und sporadische Sendungsgestalterin für die strukturellen Voraussetzungen sorgt.
Inhaltlich sieht sich Summerau,96 seit jeher als Plattform für authentische Literatur und Hörstücke jenseits des (literarischen) Mainstreams. Auf Zuordnungen, Schubladen oder Genres wird bewusst verzichtet. Transdisziplinäre Grenzüberschreitungen im experimentellen Raum sind selbstverständlich. Aktuelle Schwerpunkte sind der „Poetische Act“ bzw. „Literarische Interventionen“ im öffentlichen Raum, sowie Live- Lesungen mit anschließenden Autor-innengesprächen. Hier ein Einblick in die Geschichte des lebendigen Literatur-
magazins:
Summerau,96 wird geboren
Das Jahr 2000: eine Zeit heftiger politischer Debatten angesichts der Folgen des Regierungswechsels, kombiniert mit noch ein wenig Angst vor dem Internet und Skepsis gegenüber den freien Radios, auch unter Autor*innen. Oö. Literat*innen wagten die ersten Gehversuche im freien Radio in der traditionellen Form des Abspielens von Lesungsmitschnitten, Schwarz-Blau war darum bemüht, freie Medien und manches Andere im Kulturschaffen gleich wieder abzuwürgen. In den freien Radios selbst fanden sich Menschen mit Experimentierfreude und Lust an den neuen Möglichkeiten. Mitten im ganzen Trubel schuf Erich Klinger die Idee von „Summerau,96“, einem offenen Literaturmagazin, inspiriert von der Inschrift des Hauses „Summerau 96“ in einem Ort nahe der tschechischen Grenze. Dort stand zu lesen: „Die Freuden, die in der Heimat wohnen, suchst Du vergebens in fernen Zonen.“ In diesem Sinne wurde ein Sendungsformat geschaffen, das neben traditioneller Literaturvermittlung auch Raum für Experimente und Melangen mit ähnlichen Kunstsparten bietet. Mit anderen Worten: Die Sendung sollte literarisch, lokal verortet, aber auch spontan und beweglich sein. Unzuordenbar eben.
Die Grundidee ist all die Jahre gleich geblieben: Um Literat*innen das freie Radio als Präsentationsraum näherzubringen, werden sie eingeladen, live im Studio zu lesen oder ein Hörstück zu präsentieren. Die Auswahl der Gäste und Gastgestalter*innen ist frei und unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Literaturvereinigung. Die Lesungen bzw. Produktionen werden zudem mit Hilfe von Literaturförderungen finanziell honoriert. Um das verwirklichen zu können, wurde 2003 der Trägerverein MIRIAM, Verein zur Förderung von Medienvielfalt, ins Leben gerufen.
Summerau,96 geht fremd
Fremdgegangen wurde in mehrerlei Hinsicht: So gab es auch Beiträge über heimische Filmproduktionen und -festivals oder über Kinder- und Jugendtheater zu hören. Es wurden Musiker*innen und Kabarett-
ist*innen als Studiogäste eingeladen und politische Diskussionsrunden mit Autor*innen über die politische oder persönliche Lage geführt. Erich Klinger: „Mich haben auch spartenübergreifend künstlerisch tätige Paare interessiert und ich habe sie deshalb in die Sendung eingeladen: beispielsweise Helga und Herbert Schager oder Ilse Kilic und Fritz Widhalm.“
Mit der Performance „STAP – Hoffnung für das Land“ ging das Duo Mittermayer/Klinger in der Linzer KAPU auch außerhalb des Studios an die Öffentlichkeit. Erich Klinger sorgte zudem immer wieder mit spontanen Einlagen über verkehrspolitische Belange und andere Befindlichkeiten für Abwechslung.
2006 wurde die erste Hörspielproduktion in Auftrag gegeben. Kurz darauf gingen die ersten Reisehörbilder von Wally Rettenbacher on air. „Ich wurde von Erich eingeladen, für Summerau,96 Hörbilder über meine Studienreisen nach Indien zu präsentieren. Das war eine schöne Form, meine Eindrücke der Reisen experimentell zu bearbeiten und auf Sendung zu bringen.“
Summerau,96 geht wilde Ehen ein
Ab 2011 wurden neue Formen der Literaturvermittlung entwickelt. Wally Rettenbacher: „Ich habe mich künstlerisch weiterentwickelt und in den letzten Jahren meine Aktivitäten verstärkt in den öffentlichen Raum verlagert. Dabei sind in experimenteller Weise der „Poetische Act“ und die „Literarische Intervention“ entstanden. Beides sind Literaturveranstaltungen in öffentlichen Räumen, zum Beispiel auf einem Schiff oder im Frisörladen, an denen jeweils ein bis drei Autor*innen beteiligt sind. Die Aufnahmen werden künstlerisch bearbeitet, als Endprodukt entsteht eine Sendung. Ich freue mich sehr, dass der „Poetische Act“ in Kooperation mit der GAV (Grazer Autor*innen-versammlung) auch 2015 dreimal umgesetzt werden kann.“ Summerau,96 wurde 15 Jahre lang mit sehr viel Herzblut betrieben und so manches war nur durch hohes Eigenengagement möglich. Unter anderem, als der Verein MIRIAM 2012 einen Hörspielpreis speziell für Frauen vergab.
Über 130 Autor*innen waren bisher in der Sendung vertreten, an die 210 Personen aus Kunst und Kultur insgesamt. Auf einen mindestens 50%igen Frauenanteil wurde stets bewusst geachtet. Die Sendungen werden, mit Einverständnis der Autor*innen, seit 2007 auf cba.media, dem Sendungsarchiv der freien Radios, veröffentlicht. Seit 2013 wird die Sendung auch regelmäßig von der Radiofabrik Salzburg übernommen. Darauf sind wir ganz schön stolz.
Summerau,96 feiert
Das alles möchten wir gemeinsam feiern! Mittwoch, 8. Juli 2015 ab 21 Uhr „Poetischer Act” am Salonschiff Fräulein Florentine. Es erwarten euch literarische Zuckerl, eine offene Bühne, Musik und Party! Das bunte literarische Festprogramm wird auch live im Radio übertragen. Eine herzliche Einladung zum Zuhören und vor allem Mitfeiern!
Die Sendung Summerau,96 ist einmal monatlich am 2. Mittwoch, von 19 bis 20 Uhr (mit Wiederholung am Folgetag) auf 105.0 MHz zu hören.
Manuela Mittermayer ist gestrenge Obfrau des Trägervereins MIRIAM und arbeitet im geordneten Leben als freiberufliche Trainerin für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Zuletzt geändert am 07.04.15, 00:00 Uhr
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