Über Menschen als Belastung für den Staat…
von Sabina Köfler ///
Spätestens seit der Volksbefragung zur Beibehaltung oder Abschaffung der Wehrpflicht, weiß man in Österreich auch, welchen unersetzbaren Beitrag die mehr als 13.000 Zivildiener im Sozialbereich leisten. Dass sich diese billigen Arbeitskräfte, die wohl kaum nur Hilfsdienste leisten, nicht durch ausgebildete und somit teure Fachkräfte ersetzen lassen, sahen dann auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Sozialminister Rudolf Hundstorfer und schieben nun eine kleine Zivildienstreform nach.
Lange haben sie gebraucht um sich diesen Coup auszudenken und werben nun durch neue Anreize, wie der Anrechenbarkeit bestimmter Ausbildungen, die im Rahmen der Zivildienstzeit absolviert werden können, um noch mehr junge Männer, die sich um all die pflegebedürftigen Menschen in diesem Land kümmern sollen.
Noch mehr unvorbereitete, überforderte und ausgebeutete Arbeiter, die als letzte Hoffnung des maroden Sozialsystems herhalten müssen. Es scheint der Zug, jungen und alten Menschen fachliche Hilfestellung zu gewähren, sei längst abgefahren. Was nach dieser Reform bleiben soll ist das gute Gewissen, dass die Pflegebedürftigen versorgt sind und die Jungen, wenn schon nicht genügend Geld, so zumindest eine tolle Ausbildung geschenkt bekommen. Ja, was will man mehr? Sie, die Alten, seinen ja sowieso dement und sie, die Behinderten, stellten ja eh keine Ansprüche an das Leben. Beiden gemein sei jedenfalls, dass sie wirtschaftlich gesehen ein Verlustgeschäft bedeuten.
…oder Bereicherung für Radio FRO
Setzen wir hier dem Sarkasmus ein Ende und zeichnen ein anderes Bild derer, die nicht gerne auf dem Abstellgleis geparkt werden, ein Bild derer, die trotz ihres Alters oder ihrer Beeinträchtigung ihr Recht darauf einfordern, gehört zu werden. Sie sind es nämlich die sich ohne jede Aussicht auf Bezahlung oder der Anerkennung ihrer Ausbildung ehrenamtlich bei Radio FRO engagieren. Und weil es mehr im Leben gibt als rote und schwarze Zahlen, bewirken ihre Forderungen hier ein fruchtbares Umdenken in vielen Bereichen der Arbeit. Dem Redaktionskollektiv „Radiabled“, einer Gruppe junger Erwachsener mit Beeinträchtigung, die bei uns seit vielen Jahren selbstbestimmt sendet, ist es geschuldet, dass Radio FRO 105.0 MHz sich zurecht als Freies Radio mit einem offenen Zugang bezeichnen kann, dass meine Kolleginnen und Kollegen und ich Barrieren erkennen können und wir gemeinsam daran arbeiten, diese nach und nach abzubauen, und dass ich im letzten Jahr ein Forschungsprojekt leiten durfte, das mir gezeigt hat, wie einfach es sein kann, große Veränderungen zu erreichen. openAIR ist ein Projekt, mit dem wir uns zum Ziel gesetzt haben, die umfangreiche Technik, die wir hier zum Senden unserer Inhalte benötigen, so zu vereinfachen, dass sie auch von Menschen genutzt werden kann, deren Gliedmaßen nicht immer das tun, was sie gerne hätten, oder jenen, denen Technik einfach zu kompliziert scheint.
Was es dazu bracht ist eine Vision und eine Handvoll kluger und mutiger Köpfe, oder anders gesagt: zwei Arduino-Boards, ein paar Druckknöpfe, einen Midi-Controller, einen Joystick und wenige weitere handelsübliche Bauteile. Mit dieser Steuerungseinheit wird es nun hoffentlich noch mehr Menschen gelingen, ihre Forderungen nach einem selbstbestimmten Leben in die Öffentlichkeit zu bringen.
openAIR wird gefördert durch impulse. Technisch umgesetzt wird es in Zusammenarbeit mit dem Ars Electronica Futurelab.
///Sabina Köfler ist autodidaktische Expertin in Sachen Barrierefreiheit bei Radio FRO 105.0 MHz und freut sich schon darauf ihr Wissen aus dem Forschungsprojekt „openAIR“ bald auch anderen Radios zur Verfügung zu stellen.
Zuletzt geändert am 29.05.13, 00:00 Uhr
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