Weil Betteln kein Verbrechen ist
von Michaela Haunold //
Die Idee der Demokratie geht davon aus, dass alle für ihre Interessen eintreten und ihre Stimme erheben können. Das ist ein schöner und wertschätzender Gedanke. Aber es gibt auch Menschen, die dieses Recht nicht ausüben können. Etwa weil sie mit dem blanken Überleben beschäftigt sind. Hier ist es wichtig, dass jemand in ihrem Namen das Wort ergreift. Die Bettellobby OÖ macht genau das. Hier ihre Selbstbeschreibung.
Weil Betteln kein Verbrechen ist – gibt es uns. Als 2011 im oberösterreichischen Landtag über ein Bettelverbot diskutiert wurde, haben wir uns gegründet. Wir wollten nicht zulassen, dass so ein schwerer Eingriff in die Grundrechte sang- und klanglos über die Bühne geht. Ein Aktionsbündnis wurde gegründet und Proteste organisiert. 300–400 Personen waren beim „1. Linzer Massenbetteln“ dabei und haben das Thema in die Medien gebracht. Den Betroffenen eine Stimme zu geben ist bis heute unsere Kernaufgabe.
Seit dem „Massenbetteln“ hat sich aber noch viel getan: Das Bettelverbot wurde 2014 noch einmal verschärft und die Bettellobby hat ihre Aktivitäten ausgebaut. Zusätzlich zur Öffentlichkeitsarbeit organisieren wir „Erzählcafés“, bei denen Interessierte direkt mit Bettler*innen in Kontakt kommen können. Wir sprechen mit Politiker*innen und Journalist*innen, wir schreiben, wir posten, wir diskutieren. Und wir haben auch erleben dürfen, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wird: Gemeinsam mit den anderen österreichischen Bettellobbys haben wir den Menschenrechtspreis 2014 bekommen, und heuer im Frühjahr den Solidaritätspreis der Kirchenzeitung. Das Preisgeld hilft uns bei unserem jüngsten Projekt. Seit Juni 2015 bieten wir Rechtsberatung für Bettler*innen an. Einmal im Monat treffen wir uns, unterstützt von Dolmetscher*innen, um Bettler*innen die rechtliche Situation zu erklären, ihnen Tipps zu geben und sie bei Einsprüchen zu unterstützen. Die Beratungsstunden finden in den Räumlichkeiten von Radio FRO in der Kirchengasse 4 statt – an dieser Stelle vielen Dank für die Unterstützung!
Die Rechtshilfe hat es auch nötig gemacht, die Bettellobby von einem informellen Zusammenschluss in einen Verein überzuführen.
Was kann ich tun?
Wir sind immer auf der Suche nach neuen Menschen, die für und mit Bettler*innen arbeiten wollen. Besonders dankbar sind wir, wenn uns jemand mit juristischen Kenntnissen oder Sprachkenntnissen (vor allem Ungarisch und Rumänisch) unterstützen will. Das ist aber natürlich keine Voraussetzung, wir selbst sprechen diese Sprachen auch nicht.
Und auch, wenn ihr keine Zeit oder Lust habt, bei uns mitzuarbeiten, gibt es einiges, was ihr tun könnt, um Bettler*innen zu unterstützen: Zum Beispiel im heißen Sommer Wasser oder im Winter Tee austeilen. Versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Darauf achten, dass sie fair behandelt werden. Und einfach im Hinterkopf behalten – Betteln ist ein Menschenrecht und Bettler*innen sind Menschen.
Ach ja – erreichbar sind wir unter ooe@bettellobby.at bzw. über unsere Webseite: www.bettellobby.at.
Michaela Haunold ist Sozialarbeiterin und seit 2014 bei der Bettellobby.
Erzählcafé mit Linzer Bettler*innen
Bettlerinnen und Bettler sind immer wieder in den Schlagzeilen. Es wird viel ÜBER sie geschrieben und gesprochen, jedoch wenig MIT ihnen. Wir vom Freien Radio finden das verkehrt und laden daher gemeinsam mit der Bettellobby ein, im Rahmen eines Erzählcafés mit Menschen, die in Linz durch Betteln ihren Lebensunterhalt verdienen, ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und Hintergründe zu erfahren.
Dienstag, 15. September, 19 Uhr,
DORF TV, Hauptplatz 8, 1. Stock, Eingang im Arkadenhof
Schau vorbei!
Es geht ums Kennenlernen, Zuhören und Miteinander-Reden.
Zuletzt geändert am 08.09.15, 00:00 Uhr
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