Mitte Juni 2017 hat Wilfried Scheutz sein letztes Album „Gut Lack“ veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt sah der vom Krebs stark gezeichnete Sänger dem Tod bereits tief in die Augen. Mit „Gut Lack“, produziert von seinem Sohn Hannibal, schaffte Wilfried noch einmal den Sprung in die Charts. Am 16. Juli 2017, also knapp ein Monat danach, ist er im Alter von 67 Jahren gestorben.
Wilfried Scheutz galt als einer der kreativsten und vielseitigsten Popmusiker Österreichs der letzten 50 Jahre. Der aus Bad Goisern stammende Künstler feierte außerdem als Film- und Theaterschauspieler Erfolge.
In dieser Sendung möchte ich an den Sänger, den ich bei mehreren Interviews kennengelernt habe, erinnern. Sie hören Ausschnitte aus meinem letzten Gespräch mit Wilfried, das im Oktober 2015 in Hallein (Salzburg) aufgezeichnet wurde.
Von Goisern nach Graz
1970 zieht Wilfried im Alter von 19 Jahren von Bad Goisern, seinem Heimatort, nach Graz. Hier will er Englisch und Französisch studieren. Wenig später beginnt seine musikalische Karriere. Zuerst wird er Bassist bei der blues-rock Formation „Moses“. Dann singt er auf der letzten Single der Grazer Hardrock-Gruppe Hide & Seek.
Trotz rascher regionaler Bekanntheit fällt es Wilfried anfangs schwer, in einer für ihn fremden Stadt Fuß zu fassen. Im Vergleich zu seinem früheren Laben in Bad Goisern, fühlt er in Graz wenig Vertrautes. Seine Eindrücke von damals verewigt er 1974 in dem Lied „Run Rabbit Run“.
„Lauf Hase lauf“, die deutsche Version von „Run Rabbit Run“, übersetzt von Georg Danzer, erschien 1982 auf dem Album „Wunschkonzert“. „Das Grundthema des Liedes ist eigentlich weniger die Jagd, wie man vermuten möchte, sondern der Umgang mit ungewohnten Rahmenbedingungen, an die man sich in einer neuen Umgebung gewöhnen muss“, erklärt Wilfried. Die Problematik entstehe dadurch, dass Menschen an einem bestimmten Ort erwünscht sind oder auch nicht. Den Unterschied von Haltungen, Einstellungen oder Meinungen zwischen Stadt und Land erlebt Wilfried in den 1970er Jahren als sehr groß.
Show-Chance
In den Medien wird Wilfried im Laufe seiner Karriere als Anti-Held bezeichnet. Bereits in seiner Kindheit muss er mit der Situation als Außenseiter zurechtkommen, da er als lediges Kind geboren wurde. „Komm Bruder“: Mit diesem Lied qualifiziert sich Wilfried 1972 für die Sendung „Show-Chance” und wird Dritter. Unter dem Titel „Show-Chance“ liefen von 1967 bis 1973 Musiker-Talentwettbewerbe in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Zu dieser Zeit orientiert sich Wilfried an amerikanische Jazz und Popbands, wie z.B. Blood, Sweat and Tears. So beschreibt Wolfgang Zink in seinem Austro-Rock-Lexikon Wilfrieds Musikstil anfangs der 70er Jahre. Nach der “Show-Chance” folgen mit “Mary oh Mary”, “Woodpeckers Music” und “Ziwui Ziwui” seine ersten Hits und mit seiner “Crazy Baby Band” geht er auf Tour.
Erster Sänger der EAV
1978 übernimmt Wilfried die Hauptrolle im Rockkabarett „Verunsicherung“ von Thomas Spitzer. Es ist die Geburtsstunde der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Das Stück beschreibt ein junges Mädchen, das in ihrer Discoglitzerwelt ihr Heil sucht, allerdings am realen Leben scheitert. Mit Wilfrieds Hilfe wird das Rockkabarett unter dem Titel „1. Allgemeine Verunsicherung“ veröffentlicht. Es ist das Debutalbum der Band. Trotz Sympathien für das Projekt, verlässt Wilfried die EAV nach kurzer Zeit, da er als Sänger der Band seinen Lebensunterhalt kaum bestreiten kann. Ein Gutes hat die Zeit mit der EAV für Wilfried aber allemal: Er lernt seine Frau Marina kennen. Mit der nächsten LP „Nights in the City“ besingt Wilfried 1979 die aufkeimende Diskowelle. Damit ist er zurück im Rampenlicht.
Große Erfolge in den 1980er-Jahren
Anfangs der 80er Jahre beginnt Wilfrieds erfolgreichste Zeit. Er ist neben seiner eigenen Musikerkarriere nun auch Songwriter und Produzent für österreichische Punk- und New Wave-Bands. Für die Band „Tom Pettings Hertzattacken“, rund um den heutigen Ö3-Moderator Eberhard Forcher, produziert er die Single „Alles Oder Nichts“. Und für die Linzer Band „Superfeucht“ das Album „Jetzt oder nie“.
Sich selbst bleibt Wilfried stets treu: Seine Texte sind meist Lehren aus Beobachtungen.
In seinem Single-Hit von 1983, „Wir san olle froh“ besingt Wilfried das Schönreden.
Flop beim Song Contest
Nach zwei erfolgreichen Jahrzehnten als Musiker, Produzent und Schauspieler erlebt Wilfried Ende der 80er Jahre die ganz große künstlerische Pleite. Mit „Lisa Mona Lisa“ belegt er 1988 beim Song Contest in Dublin den letzten Platz. Die damals 20-jährige Celin Dion gewinnt.
Nach dem Scheitern beim Song Contest folgt ein Karrieretief. Wilfried beginnt mit der Gruppe „4-Xang“ durch die Lande zu tingeln. Ein beachtliches Comeback gelingt ihm dann 2012 mit dem Album Trallallala.
Heute gilt Wilfried als Pionier der modernen Volksmusik gepaart mit Rock, Jazz und Blues.
Ich bedanke mich bei Dir, lieber Wilfried, für Deine Freundlichkeit, Deine Hilfsbereitschaft, Deine Menschlichkeit und vor allem deine Lieder.
Kommentare werden von der Redaktion moderiert. Es kann daher etwas dauern, bis dein Kommentar hier erscheint. Wir behalten uns vor, diskriminierende oder diffamierende Kommentare, sowie solche, die straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, zu entfernen.