“Wirtschaftswachstum heißt steigende Ungleichheit”
... sagt Soziologin Karin Fischer, JKU LInz und stellt die scheinbare Erfolgsgeschichte des Kapitalismus in Frage, benennt das Scheitern des Neoliberalismus und mahnt das dringende Handeln und Umdenken in Bezug auf die Klimakrise ein.
Strukturen globaler Ungleichheit: wer profitiert, wer verliert?
lautet der Titel des Vortrags, den Karin Fischer, Leiterin des Arbeitsbereichs Globale Soziologie und Entwicklungsforschung am Institut für Soziologie der JKU Linz, am 29. Februar im Gemeindesaal Ottensheim im Rahmen der Veranstaltungsreihe Zwischen ARM und REICH – Verteilungsfragen von lokal bis global gehalten hat.
Die globale Armut hat in den letzten Jahrzehnten einen beträchtlichen Rückgang verzeichnet: innerhalb von 25 Jahren von 2 Milliarden ca. 800 Millionen. Arm sein heißt im weltweiten Maßstab, dass ich weniger als 1,9 Dollar pro Tag zur Verfügung habe. Karin Fischer erklärt anschaulich die Unterschiede von Armut in Österreich und Armut im Sudan zum Beispiel. Sie verwendet Begriffe wie Globaler Norden und Globaler Süden und erklärt auch warum und worauf diese zurückgehen. Und sie macht klar, dass der positive Schein dieser scheinbaren Erfolgsgeschichte des Kapitalismus trügt, denn die Einkommensungleichheit steigt ständig und verschärft sich: die Top 10, also die 10% der Bevölkerung die am meisten verdienen, ziehen sowohl national, als auch global gesehen davon.
Noch ungleicher ist schließlich die Verteilung von Vermögen und das bedeutet auch Ungleichheit von Macht. Eingangs benennt die Soziologin auch eine sehr zentrale Ursache dafür, nämlich die Kolonialisierung und damit einhergehend die Industrialisierung.
Eine sehr bekannte Statistik, die sogenannte Elefantenkurve zeigt, dass das reichste 1% der Bevölkerung global steigt und zwischen 1988 und 2008 die Einkommen vor allem für die Mittel- und Oberschicht in Asien, insbesondere China, wuchsen, während die unteren und mittleren Einkommen in Europa und den USA stagnieren und teilweise sinken. Der Neoliberalismus hat zur Folge, dass es eigentlich keine nordamerikanische Mittelschicht mehr gibt, führt Fischer aus. Sie macht deutlich, dass dies zu Polarisierung, Konflikt, Kampf und Krieg führt.
Das Paradoxe: rechte und rechtskonservative Politik befeuert den Neoliberalismus und erntet trotzdem Protestwähler*innenstimmen derer, die durch diese Politik verlieren.
Abschließend führt Karin Fischer die Ungleichheitsstrukturen in der Klimakrise an, die sozial-ökologische Ungleichheit:
Die reichsten 10% der Weltbevölkerung sind für 50% der Emissionen verantwortlich, die ärmsten 50% der Menschheit nur für 8%. Afrika hat einen globalen Bevölkerungsanteil von 17% und stoßt weniger als 4% Schadstoffe aus.
Der Erdüberlastungstag fällt heuer auf den 6. April, ab dann leben wir was unsere Ressourcen betrifft auf Kosten unserer Kinder und zukünftiger Generationen.
“Die Schaffung von nachhaltigen Strukturen hat daher oberste Priorität und hängt unmittelbar mit dem Rückgang globaler Ungleichheit zusammen.”
Sie hören die im Anschluss stattgefundene Publikumsdiskussion. Den Vortrag jetzt hören.
Die gesamte Vortragsreihe findet vom 15. Februar bis 4. April eine im Gemeindesaal Ottensheim statt und zum Nachhören bei Radio FRO:
- 15. Februar, um 19 Uhr: Markus Marterbauer, Chefökonom der AK Wien und Vizepräsident des Fiskalrates – “Der Sozialstaat als Vermögen der Vielen”
- 29. Februar, um 19 Uhr: Karin Fischer (JKU Linz) – „Strukturen globaler Ungleichheit: wer profitiert, wer verliert?“
- 14. März, 19 Uhr: Podiumsdiskussion „Zwischen arm und reich“ – Daniela Brodesser (Armuts-Aktivistin), Marlene Engelhorn (Taxmenow-Aktivistin für Reichenbesteuerung)
- 4. April, 19 Uhr: Julia Hofmann – „Diffuse Gefühle: Wie werden Einkommensunterschiede in Österreich bewertet?“
Veranstalter*innen: Institut für Angewandte Entwicklungspolitik und DonauQuarz Ottensheim. In Kooperation mit: VHS OÖ, IG Welt Ottensheim, Internationale Donauakademie, Österreichische Gesllschaft für Politische Bildung, SPÖ Ottensheim.
Zuletzt geändert am 12.04.24, 08:40 Uhr
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