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Wissensturm & server rack

von Johannes Wilms ///
Die Archivia 12 · Ein Bericht

Von 30. August bis 3. September 2012 fand, ”big picture as usual“, das Ars Electronica Festival in Linz statt. Im Rahmen dessen veranstaltete Radio FRO in Kooperation mit dem Verband Freier Radios Österreich (VFRÖ) die ARCHIVIA 12 - eine Konferenz über die Probleme der Archivierung und Veröffentlichung von Medien- und Rundfunkinhalten im Internet. Ein trockenes Thema, zugegeben - aber mit den Archiven scheint es wie mit Sekt zu sein: Trocken kommt an.

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Tagungsort der ARCHIVIA 12 (die nicht zum zwölften, sondern erstmals in Linz, im 12. Jahr dieses Jahrhunderts, stattfand) war der Wissensturm, nahe dem Linzer Hauptbahnhof. Gerüchte ließen vernehmen, der Ort sei den OrganisatorInnen des AEC Festivals zu weit abgelegen gewesen – tatsächlich war der Leiter des AEC nicht zur Eröffnung der Konferenz erschienen – aber für die externen BesucherInnen, wie den Schreiber dieses kleinen Berichts, war mit dem Wissensturm eine überaus schlüssige Metapher gefunden: ein Ort der Öffentlichkeit und der Bildung, des Zugangs und der Vermittlung von Wissen, ein Ort für die öffentliche Auseinandersetzung um das Existenzrecht von Archiven.

Dabei lag der Ansatzpunkt der ARCHIVIA, je nach Betrachtung, im Nahbereich oder weit zurück. Im Nahbereich lag er insofern, als die BetreiberInnen des Cultural Broadcasting Archive (CBA) endlich Rechtssicherheit für ihre Tätigkeit fordern. Im Vorfeld der Tagung hatten sie einen relaunch der Website vollzogen, in Gestalt eines um seinen Musikanteil beraubten Archivs. Sämtliche Audiobeiträge waren mit einer eigens entwickelten Software gekürzt worden, die Musik von Sprache unterscheiden und Beiträge automatisch schneiden kann. Das Resultat ist eine unfreiwillige Zensur – eine Absurdität, die sich einer zur Zeit schwer angesagten juristischen Farce verdankt. Geistiges Eigentum – da, wo diese Errungenschaft der Napoleonischen Zeit auf die digitale Welt stößt, produziert sie wahlweise Bürokratie oder Nonsens. In jedem Fall und ganz konkret aber: beschränkte Operabilität.
Die ARCHIVIA näherte sich diesen Komplexen auf eine klar strukturierte Weise. Am ersten Tag beleuchteten drei Keynotes – aus mediensoziologischer, ökonomischer und juristischer Sicht – das Konfliktfeld Online-Archive versus Urheber- und Verwertungsrechte. Ein Panel mit VertreterInnen aus Radio, Technik und Politik beschloss den ungemein dicht geladenen ersten Tag.

Der zweite Tag der ARCHIVIA 12 war Projektpräsentationen und Arbeitsgruppen vorbehalten. Unter „Best Practices“ präsentierten sich am Vormittag neben dem CBA auch die Österreichische Mediathek und das SRA (Archiv Österreichischer Popularmusik; SR steht, nebenbei bemerkt, für „Skug Research“, www.sra.at). Vertreten waren des Weiteren dorf tv sowie Literadio (www.literadio.at) aus Wien. Aus Deutschland stellte ein Vertreter des Bundesverbands Freier Radios (BFR) das Audioportal freie-radios.net (FRN) vor – die inzwischen zum Archiv mutierte Austauschplattform deutschsprachiger Freier Radios. Der Nachmittag brachte schließlich eine weitere Zuspitzung der Konferenz: Workshops. So bereitete eine Arbeitsgruppe aus VertreterInnen österreichischer Archive, Mediatheken und Freier Radios sowie von TeilnehmerInnen aus dem BFR eine Abschlusserklärung der Konferenz vor. Eine zweite Arbeitsgruppe mit internationalen TeilnehmerInnen diskutierte das Thema ”future archives”, von A wie Apps über O wie Offene Archive bis Z wie Zugangsoffenheit. Roter Faden war hier der inzwischen selbstverständliche Gebrauch Freier Software. Unter archivia.at ist in Form eines Pirate Pads eine Mitschrift der Diskussion verlinkt.

Die Abschlusserklärung, die u.a. einen freien und zeitgemäßen Zugang zum kulturellen Erbe, verkürzte Schutzfristen im Verwertungsrecht und öffentlich geförderte Finanzierungsmodelle fordert, ist ebenfalls auf der Archivia-Website nachlesbar. Weiter geht die thematische Stafette im Oktober in Halle (Saale), wo das Freie Radio Corax wieder eine Zukunftswerkstatt veranstaltet. Sie hat sich diesmal ebenfalls dem Ausbau einer unabhängigen Wissensinfrastruktur verschrieben.

 

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Johannes Wilms ist Mitglied von bootlab.org sowie Mitinitiator verschiedener Radioprojekte, u.a. mikro.fm und colaboradio. Er lebt in Berlin.

Zuletzt geändert am 22.10.12, 00:00 Uhr

Verfasst von Silke Müller

Ein Duett aus Radiofeature-Produktion und Illustrationsausstellung hat mein Kommunikationsdesign und Medienstudium abgeschlossen. Seit dem beschäftige ich mich mit der großen, künstlerischen Radioform "Feature", mit Reportagen und Interviews mit KünstlerInnen und Kulturschaffenden.

Ich bin freischaftende Illustratorin für Plakate - zum Beispiel für Radio FRO - Zeitungen, Magazine, Bücher und Ausstellungen. Radiohören geht beim Zeichnen wunderbar.

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