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4. September, 10.30 Uhr
Sky Loft - Ars Electronica Center
Hauptstrasse 1, 4040 Linz
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DIY1 Databasing!
Technical and Legal Aspects of Free Access to Information in so-called "Information Society"
Die Diskussion um Freien Zugang zu Information im Informationszeitalter, respektive oftmals die Beschränkung dieses Zugangs, ist keine neue. Der Launch von Tools wie PodCasting, dem Online-Hype der letzten Monate, oder DAB/DVB2 sind technische Entwicklungen, die schon seit längerem diskutierte On-demand-Konzepte Realität werden lassen. Aus der Perspektive Freier Medien steht eine technische, und hinsichtlich der neuen Urheberrechtsregelungen in Verbindung mit dem Internet auch rechtliche, Analyse an: Wie weit wird Meinungsfreiheit sowohl aktiv als auch passiv (Zugang zu Information - Stichwort Digital Rights Management - DRM3) imso genannten Informationszeitalter in gleichem Maße wie in der jüngeren Vergangenheit oder sogar, wie so oft gepriesen, in unendlichem Ausmaß verwirklicht werden?
Die schon seit Mitte der 90er Jahre diskutierte Idee von Audio-on-demand erlebt gerade mit PodCasting einen ersten Hype, der über den engeren Kreis von Online-Freaks hinausgeht. Technisch handelt es sich um eine in Anlehnung an RSS für Weblogs entwickelte "plug and play"-Lösung, die bei jedem Anstecken des MP3-Players an den Computer automatisch die vom User abonnierten Sendungen lädt.Mit einem Aboservice können HörerInnen ihre Lieblingsprogramme nicht mehr verpassen, weil sie ihnen jederzeit auf ihrem MP3-Player zur Verfügung stehen. PodCasting (oder welche Software man immer auch verwendet) ist damit ein ideales Service für Special-interest-Programme, wie sie gerade auch bei Freien Radios produziert werden: Freie Radios bieten kein durchformatiertes Programm, sondern einzelne, zum Teil sehr unterschiedliche Sendungen laufen hintereinander - "Durchhörbarkeit" ist nicht primäres Ziel. Auf die neuen Entwicklung sind die Freien Radios bestens vorbereitet: Schon jetzt läuft zwischen Freien Radios ein intensiver Austausch von Sendungen über selbst betriebene Datenbanken4 , ein On-demand-Service ist der nächste logische Schritt.
Gleichzeitig beginnt sich terrestrisches Digitalradio nun in den USA durchzusetzen, das bereits tot gesagte Digital Audio Broadcasting, ein von der EU finanzierter Standard, feiert von Großbritannien ausgehend seine Auferstehung. Das ermöglicht nicht nur bessere Empfangsqualität und Zusatzservices wie Audio-on-demand unabhängig von Leitungen, sondern der Empfang wird auch großflächig und breitestbandig mobil möglich (was zur Zeit von UMTS oder WirelessLAN nicht geleistet werden kann) - für Freie Medien eine attraktive Entwicklung.
Während allerdings in den USA mit dem IBOC5 -Verfahren auf dem bestehenden, analogen AM/FM-Signal zusätzlich ein digitales Signal aufgesetzt wird, scheint sich in Europa nun doch DAB durchzusetzen. DAB verwendet ein völlig anderes Frequenzband als AM/FM, das L-Band, dessen Koordination für Europa bei der CEPT Planing Conference6 2002 in Maastricht vorgenommen wurde. Hier werden auf einer Frequenz fünf Programme aufgesetzt und mittels Multiplexxer (einem Multicaster, der die verschiedenen Programme und Dienste auf eine Frequenz aufsetzt) ausgestrahlt. Diese Technik ist einteures, komplexes Verfahren und setzt auf die großflächige Ausstrahlung von Programmen.
Für Freie Radios bzw. Community Radios stellen sich hier mehrere existenzielle Fragen: Wie sollen die erheblichen Mehrkosten getragen werden? Wird es neben den öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Programmen überhaupt - leistbaren - Platz für Freie Programme geben? Ist die Ausbringung des Signals nicht zu großflächig, etwa für kleine Community Radios, die sich dann Programmteile mit anderen Sendern teilen müssten? Und schließlich: Verlieren die einzelnen Freien Radios ihre technische Autonomie, da man sich bei großen kommerziellen Multiplexx-Betreibern einmieten muss? Und was passiert mit dem bisher analog genutzten FM/AM-Band?
Hier ist aktive Medienpolitik gefragt, schließlich ist davon auszugehen, dass mit der Digitalisierung ein mehr am Meinungsvielfalt geschaffen wird, und nicht technische Mängel die Medienlandschaft determinieren. Must-carry-Bestimmungen7 oder technische Alternativen8 wie Digital Radio Mondial (DRM)9 müssen die zukünftige Existenz Freier Radios sichern.
In Verbindung mit den technischen Möglichkeiten der terrestrischen Digitalisierung steht das Content Management, in der Regel technisch umgesetzt durch Online-Datenbanken. Die technologische Hybridisierung und Vernetzung ermöglicht im Umgang mit Inhalten inzwischen einerseits nie da gewesene Möglichkeiten der Informationsgewinnung durch den Zugriff auf eine Unmenge von Information in Echtzeit, und gleichzeitig nie da gewesene Möglichkeiten der Informationsverarbeitung durch copy&paste, looping, pitching etc.
Auf diese technischen Entwicklung antworten inzwischen rechtliche Regelungen: Ausgehend von der WIPO Konferenz 199610 und der Europäischen Union wurde bzw. wird ein Intellectual Property Regime eingeführt, das die sicherlich berechtigten Interessen von UrheberInnen im Internet im gleichen Maße schützen soll, wie das bisher für andere Vervielfältigungsformen geregelt war. De facto zielen diese Richtlinienallerdings weit darüber hinaus und bringen im Grunde eine Verschärfung der Eigentumsrechte mit sich: So schränkt vor allem der Schutz von Digital Rights Management Systemen durch die EU InfoRichtlinie11 bzw. den Digital Millennium Copyright Act12 die Möglichkeiten der Nutzung von Informationen drastisch ein. Das Zurückdrängen bzw. gänzliche Abschaffen13 von Freien Werknutzungen14 durch diese Regelungen, wie auch scharfe Regelungen hinsichtlich des neu geschaffenen Zurverfügungstellungsrechts, tun ein übriges.
So ist es mittlerweile möglich, dass man etwa auf eine Zeitschrift nur mehr über ein kostenpflichtiges Online-Archiv zugreifen kann, denn im Papierformat werden diese von immer weniger Bibliotheken gesammelt. Die Freie Werknutzung, die es bisher ermöglichte, eine Kopie eines Artikels in der Bibliothek zu machen (wobei die Nutzung durch Bezahlung der Kopie abgegolten wird) oder diesen zumindest kostenfrei zu lesen (um überhaupt seine Brauchbarkeit feststellen zu können), ist so nicht mehr anwendbar. Sollte es sich bei dieser Zeitschrift um eine naturwissenschaftliche Fachzeitschrift handeln, deren Kaufpreise sich zumeist in astronomischen Dimensionen bewegen, dann erübrigt sich auch die Freie Werknutzung des Zitatrechtes, sofern man nicht über einen privilegierten Zugang verfügt. Damit sind sowohl Informationszugänge, als auch Informationsverarbeitungsmöglichkeiten massiv eingeschränkt, auch wenn man als SteuerzahlerIn u. U. sowohl die Erforschung als auch die Publikation des Erforschten mitfinanziert hat.15
Alles in allem bedeuten diese Entwicklungen einen bedenklichen Eingriff in die aktive wie passive Informationsfreiheit als auch eine massive Einschränkung kreativen Potentials. Denn keinE KünstlerIn und keinE WissenschafterIn erfindet alles von Grund auf selbst, sondern baut auf den veröffentlichten Erkenntnissen und Schöpfungen von Einstein, Madonna oder wem auch immer auf.
Damit sind wir bei der Grundlage des Immaterialgüterrechts angelangt: Dieses Instrument wurde geschaffen, um kreative Arbeitsleistung abzugelten und ökonomische Anreize für die Investition in Kreativität zu setzen - im Interesse des Fortschritts der Gesellschaft. Mit den genannten massiven Beschränkungen des Zugangs zu Information und ihrer Verarbeitung wird aber gerade diesem Anreiz zur Kreativität entgegengewirkt, zudem wird mit dieser "Kreativbremse" besonderes Augenmerk auf Kontrolle gelegt.
Auch hier stellt sich die Frage nach Alternativen: Wie können etwa, analog zur BRD, Freie Werknutzungen in Bezug auf DRMs in den nationalen Gesetzgebungen vorgesehen werden (in österreich noch nicht vorgesehen16 )? Wie können durch Allianzen aus Kunst und Kultur, Wissenschaft17 und (Freien) Medien aktiv Plattformen zur freien Vermehrung des Wissens im Interesse des gesellschaftlichen Gesamtwohls geschaffen werden (wie etwa die Creative Archive Licence Group18 in UK)? Welche Alternativen gäbe es zu einem auf DRM aufbauenden Gesamtsystem, welches zumindest für das Internet das aktuelle System von Verwertungsgesellschaften19 in Frage stellt? In diesem Zusammenhang muss auch der kulturpolitische Auftrag der Verwertungsgesellschaften diskutiert werden, ihre Einnahmen durch Sozial- und Kulturfördermaßnahmen umzuverteilen und dadurch auch neue Kreativität zu stimulieren.
Eine der möglichen Alternativen, die sowohl die Interessen der UrheberInnen schützen als auch das öffentliche Interesse des Freien Zugangs zu Information stützen würde, ist die Einführung einer "content flat rate", wie sie von der Electronic Frontier Foundation20 oder auch Volker Grassmuck21 vorgeschlagen wird. Analog zur Leerkassettenvergütung würde hier pro Internetzugang je nach Bandbreite eine monatliche Pauschale eingehoben, die entsprechend den Nutzungsstatistiken und dem kulturpolitischen Auftrag der Verwertungsgesellschaften verteilt würde.
Angesichts der aufgezeigten Trends will Radio FRO mit der Konferenz "DIY Databasing!" die Debatte um den Freien Informationszugang weiterführen: Es kann nicht das politische Ziel von Urheberrechtsregelungen sein, auf Druck der Unterhaltungsindustrie etwa auch den gesamten Wissenschaftsbereich22 der Kommerzialisierung anheim zu stellen und damit u.a. das Wohlstandsgefälle weiter massiv zu verschärfen23 . Grundprinzipien unserer Informationsgesellschaft müssen jedenfalls der freie und ungehinderte Zugang zu Information und ihre weitere Verarbeitung mit vernünftigen Rahmenbedingungen sein. In diesem Sinne versteht Radio FRO den Titel "DIY Databasing!" sowohl aktionistisch als auch aktiv politisch:Als Aufforderung, selbst tätig zu werden, durch eigene Strukturen Realitäten zu schaffen und aktiv in Diskussion zu treten!
Alexander Baratsits, Veronika Leiner / Radio FRO
Das Projekt wird durch den KUPF Innovationstopf 2005 gefördert.
1 DIY: Do It Yourself
2 DAB/DVB: Digital Audio Broadcasting / Digital Video Broadcasting: Systeme für terrestrisch, d.h. mit Antenne empfangbares digitales Radio/TV
3 DRM Systems sind technische Vorrichtungen, die den Zugang zu einem Werk bzw. die Erstellung einer Kopie verhindern/kontrollieren.
4 Z.B. das Cultural Broadcasting Archive ( http://cba.fro.at) des Verbands Freier Radios Österreich oder http://www.freie-radios.net der Freien Radios in Deutschland.
5 IBOC: In Band On Channel
6 European Conference of Postal and Telecommunications Administrations http://www.cept.org
7 Must-carry: Multiplexx-Betreibern wird gesetzlich vorgeschrieben, dass sie etwa pro Verbreitungsgebiet zumindest ein nichtkommerzielles Programm zu festgesetzten Konditionen ausstrahlen müssen.
8 Vgl. "EUREKA! A solution for small-scale digital Radio" (Studie des niederländischen Verbandes Lokaler Radios zu DAB und Alternativen dazu) http://www.olonprogrammabank.nl/publiek/200501753.html Englische Zusammenfassung ab S. 37.
9 DRM: Digital Radio Mondial, ein Multicastingverfahren, das so wie IBOC zum analogen zusätzlich ein digitales Signal aufsetzt.
10 WIPO: World Intellectual Property Organisation http://www.wipo.int
11 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.
http://www.europa.eu.int/...
12 Digital Millennium Copyright Act http://www.copyright.gov
13 She. auch Christine Wildpaner "The U.S. Digital Millenium Copyright Act. A Challenge for Fair Use in the Digital Age", Wien 2004
14 Freie Werknutzungen sind Beschränkungen der Urheberrechte im Interesse von Bildung, Wissenschaft oder auch privatem Gebrauch.
15 Eine ganze Liste mit Auswirkungen von DRMs hat die Electronic Frontier Foundation zusammengestellt: "Unintended Consequences: Five Years under the DMCA" http://www.eff.org/IP/DMCA/20030103_dmca_consequences.pdf
16 Dazu muss ergänzt werden, dass nach derzeitiger Rechtslage in Österreich Freie Werknutzungen in Zusammenhang mit DRMs indirekt zulässig sind, da Umgehungen von DRMs nur im Falle einer Urheberrechtsverletzung verboten sind; die aber bei einer Freien Werknutzung nicht vorliegt, daher ist die Umgehung von DRMs etwa für Privatkopien zulässig. Die richtlinienkonforme Auslegung würde aber wohl die Anwendung des eingeschränkten Ausnahmenkatalogs der InfoRl. verlangen, ob diese Interpretation vor den Gerichten stand hält wird sich erst zeigen. Vgl. Michel Walter in Urheberrechtsgesetz UrhGNov 2003, S 167f. §90c 8.
17 Siehe z.B. http://science.creativecommons.org
18 http://creativearchive.bbc.co.uk
19 Zur Harmonisierung des Verwertungsgesellschaftenrechtes in der EU ist eine Richtlinie in Vorbereitung. Die Kommission will schon des längeren die monopolartigen Strukturen auflösen und Wettbewerb zumindest unter den Verwertungsgesellschaften ermöglichen. Bislang liegt eine Mitteilung der Kommission vor, im Herbst soll ein Richtlinienentwurf folgen. http://www.europa.eu.int/...
20 Electronic Frontier Foundation: A Better Way Forward: Voluntary Collective Licensing of Music File Sharing "Let the Music Play" White Paper, http://www.eff.org/share/?f=collective_lic_wp.html
21 Volker Grassmuck: "Alternative Kompensationssysteme" in FIfF-Kommunikation 4/04 http://rayserv.upb.de/fiff/veroeffentlichungen/articles/20044_Grassmuck
22 She. auch: Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" http://www.urheberrechtsbuendnis.de
23 She. "Digital Rights Management: A failure in the developed world, a danger to the developing world" http://www.eff.org/IP/DRM/drm_paper.pdf
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